Bewertungen im Netz sind praktisch, denn sie helfen uns bei der Suche nach dem richtigen Hotel oder dem besten Arzt. Aber nicht alles, was da steht, ist echt. Vor dem Oberlandesgericht in Stuttgart wurde am Mittwoch (13.02.2019) so ein Fake verhandelt. Wir klären, wie sich gefälschte Bewertungen leicht enttarnen lassen.
Ein Zahnarzt verklagt einen anderen Zahnarzt. Der Vorwurf: Der eine Mediziner habe bei Google und bei zwei Ärzte-Bewertungsportalen gefälschte negative Bewertungen über seine Praxis geschrieben.
Deswegen hat der Geschädigte auf Unterlassung geklagt. Auf seiner eigenen Seite habe der Konkurrent außerdem falsche Texte gepostet, in denen er für seine Fähigkeiten gelobt wurde. Das Gericht hat dem Zahnarzt das Verbreiten der erfundenen Bewertungen verboten.
Um den Fake zu beweisen, hatte der Kläger ein Sprachgutachten anfertigen lassen. Darin wurden die negativen Bewertungen - aber auch die positiven für die andere Praxis – ausgewertet. Im Gutachten kommen die Ersteller zu dem Ergebnis, dass die guten und schlechten Bewertungen vom selben Autor stammen, denn in den Texten tauchten unter anderem wiederkehrende Rechtschreibfehler auf.
Texte verraten die Täter
Leo Martin leitet das private Institut für forensische Textanalyse. Hier werden Sprachgutachten angefertigt, etwa, wenn Unternehmen von anonymen Tätern bedroht oder erpresst werden. Martin und seine Kollegen analysieren dann die Texte auf vielen verschiedenen Ebenen.
Es geht dabei um Wortwahl, Grammatik, Zeichensetzung und andere Gesichtspunkte. Manche Täter würden etwa sehr ich-bezogen schreiben und am liebsten den anonymen Text unterschreiben, so Martin. Das könne sie dann verraten.
"Es gibt Täter die extrem Ego-zentriert schreiben. Da hat man immer nur 'Ich! Ich! Ich!' Im Gegenzug gibt es welche, die genau das nicht tun."
So sollen Täter-Profile erstellt werden. Wenn noch andere Texte zum Vergleich vorliegen, können die Sprachexperten eben am Ende im Idealfall sagen, ob derselbe Autor hinter verschiedenen Texten steckt.
Leo Martin und seine Kollegen haben etwa eine große Rechtsanwaltskanzlei beraten, die von einem Hacker angegriffen wurde. Dieser hatte juristische Fachbegriffe in Online-Texten verwendet. Deswegen hatten die Sprachanalysten den Verdacht, dass eine andere Kanzlei hinter den Angriffen steckt. Nach einem Abgleich mit Social-Media-Posts und anderen Texten der Konkurrenz wurde klar, dass tatsächlich eine der verdächtigten Anwaltskanzleien hinter dem Hacker-Angriff gesteckt hat.
Wie man Fake-Bewertungen erkennt
Als User haben wir leider nicht immer solche Sprach-Experten in der Hinterhand, um Online-Rezensionen zu analysieren. Aber es gibt Hinweise, die uns stutzig machen sollten:
- Wenn die Bewertung überschwänglich positiv ist, dann ist sie verdächtig.
- Wenn ein Produkt neu auf dem Markt ist, es aber schon ganz viele positive Rezensionen gibt, sollte man misstrauisch sein.
- Sehr gute und gleichzeitig lange Rezensionen sind vermutlich Fakes.
- Bei Formulierungen wie "Auch meiner Frau und meine Kinder finden das Produkt echt toll!" – Vorsicht!
- Negative Rezensionen, die gleichzeitig Konkurrenzprodukte loben, sind auch oft nicht ernst zu nehmen.
- Auf der Seite Reviewmeta könnt ihr Kommentare zu Amazon-Produkten darauf prüfen lassen, ob sie echt sind.
- Guter Chef, schlechter Chef | Klar, Personaler suchen im Netz nach Bewerberinfos. Umgekehrt werden Online-Bewertungen durch Bewerber wichtiger - so das Ergebnis einer Umfrage.
- Jameda muss Ärzte-Profil löschen | Eine Kölner Hautärztin will nicht bei Jameda bewertet werden und hat geklagt. Der Bundesgerichtshof hat jetzt entschieden, dass Jameda ihr Profil löschen muss.
- Forensische Linguistik: Was die Sprache alles verrät | Schreibe ich "Arschloch" oder "Aschloch"? Erwähne ich beim Bekennerschreiben Details oder nicht? Die forensische Linguistin Gudrun Müller untersucht Geschriebenes - und überführt so manchmal Kriminelle und Schwindler.
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