Das aufgedeckte Geheimtreffen von AfD-Mitgliedern, Wirtschaftsvertretern und Rechtsextremen sorgt weiter für Wirbel. Die Teilnehmenden sollen laut Correctiv-Recherchen über Pläne gesprochen haben, wie Millionen Menschen aus Deutschland vertrieben werden können. Wir sprechen mit Extremismusforscher Julian Junk darüber, wie weit solche Ideologien in unsere Gesellschaft reinreichen.

Im Zentrum des Geheimtreffens im Herbst in Potsdam stand offenbar ein Vortrag des 35-jährigen Österreichers Martin Seller. Er ist seit Jahren in der rechten Szene aktiv. Und er hat bei dem Treffen über den Begriff "Remigration" gesprochen. Eine Idee, die unter Rechtsextremen weit verbreitet ist, sagt Extremismusforscher Julian Junk. Sie sei Teil der rechtsextremen Ideologie und des rechtsextremen Gedankenguts.

"Es gibt auch andere Begriffe wie Vertreibung und Umvolkung. [...] Es geht da um ethnische Reinheit, Volksreinheit, Vermeidung von Überfremdung. Und das ist schon nicht überraschend, aber immer wieder hochgradig erschreckend und alarmierend."
Julian Junk, Extremismusforscher am Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung

Das Treffen zeige einmal mehr, wie viele Eliten sich doch immer zu solchen Veranstaltungen bewegen, so Junk. Andererseits wisse man aus vielen Erhebungen, wie breit rechtsextremistische Einstellungen in der Gesellschaft verhaftet seien. Darunter hohe Wahlergebnisse und Umfrageergebnisse der AfD.

Junk: Geheimtreffen ein Warnsignal

Auch Nachwahlbefragungen zu den Gründen, warum Menschen beispielsweise die AfD wählen, zeigen: Es geht oft um das Thema Migration. Der erschreckendste Befund im Jahr 2022 sei ein deutlicher Anstieg von Personen, die sich nicht mehr von rechtsextremem Gedankengut distanzieren und es nicht für nötig hielten, sich dagegen zu wehren, so Junk.

"Diese Zurückhaltung sich zu engagieren, das hinzunehmen, vielleicht dann sogar irgendwann damit zu sympathisieren, das ist schon ein erschreckender Befund."
Julian Junk, Extremismusforscher am Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung

Verfassungsschutzpräsident Haldenweng hat in einem Interview gesagt, die Mitte der Gesellschaft sei sehr bequem geworden. Junk stimmt dem in gewisser Weise zu und spricht von aufrüttelnden Worten, die wichtig seien. Er meint, jede*r Einzelne sollte sich in die Diskussion begeben und politisch engagieren. Er hält es aber auch für wichtig, mehr in Sachen politische Bildung, Demokratieförderung und Prävention zu unternehmen. Als gesellschaftliche Herausforderung sieht Junk, dass inzwischen vieles digital verbreitet wird, häufig über Soziale Medien. Dem könne man aber begegnen, indem man noch stärker in die Kommunikation gehe.

Shownotes
Deutschland
Forscher warnt vor Akzeptanz von Rechtsextremismus
vom 11. Januar 2024
Moderatorin: 
Ilka Knigge
Gesprächspartner: 
Julian Junk, Extremismusforscher am Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung