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Eine Studie der Universität Oslo zeigt: Dort wo es wenig rechtspopulistische Parteien gibt, kommt es zu mehr Fällen rechter Gewalt. Das bedeutet aber nicht, dass man alles tolerieren muss, sagt Extremismusforscher Jakob Guhl.

Der norwegische Rechtsextremismus-Forscher Jacob Ravndal sammelte in einer Datenbank Fälle rechtsradikaler Gewalt und konnte unter anderem feststellen: weniger rechtspopulistische Parteien korrelieren mit mehr rechts motivierter Gewalt. Das ist aber nur eine von verschiedenen Variablen.

Keine alleinstehende Erklärung

Wichtig: Dieser Faktor sei keine alleinstehende Erklärung, sondern trete in Kombination mit anderen Faktoren auf, erklärt Extremismusforscher Jakob Guhl. Auch der Forscher der Universität Oslo ist sich bewusst, dass er mit dieser Theorie ein Dilemma entdeckt hat und dass es keine einfache Lösung gibt. Die Konklusion sei also nicht: Wir müssen absolut tolerant gegenüber Rechtspopulisten und rechtsradikaler Politik sein. Denn diese sei eben häufig mit intoleranten Positionen verbunden, die liberale Demokratie ablehnen, Minderheitenrechte angreifen und so negative Konsequenzen haben können, sagt Jakob Guhl.

Repression steigert rechte Gewalt

Ein anderer Faktor, der ebenfalls mit der gesteigerten Häufigkeit von Fällen rechtsextremer Gewalt einhergeht, ist außerdem die Repression rechtsradikaler Meinungen. Laut Jakob Guhl lasse sich dieses Phänomen vor allem in nordeuropäischen Ländern wie Schweden beobachten. Gab es in Ländern kaum rechtspopulistische Parteien und wurden zudem Repressionen gegen rechtsradikale Meinungen erhoben, stieg auch die Gewalt von rechts.

Autoritäres Erbe ebenfalls Faktor

In südeuropäischen Ländern könne man eher eine Korrelation von autoritärem Erbe und gesteigerter rechter Gewalt erkennen. Also etwa in Spanien oder Italien, die ehemals autoritär geführt wurden, gebe es zwar ein ebenfalls hohes Potenzial linker Militanz, aber auch mehr rechte Gewalt, erklärt Jakob Guhl. Die politische Polarisierung sei demnach stärker ausgeprägt.

Forscher sind sich uneinig

Es gibt auch Forschende, die ein gegenteiliges Phänomen beobachten konnten. Der Forscher Johannes Due Enstad hat im Hinblick auf Russland, wo es seit dem Jahr 2.000 ebenfalls ein gesteigertes Level rechter Gewalt gibt, festgestellt, dass gerade die Stimmungsmache gegen Migranten zu mehr rechtsradikal motivierten Taten geführt hat, sagt Jakob Guhl.

„Es könnte sein, dass es zwei unterschiedliche Bedingungen gibt, die zu rechtsextremer Gewalt führen: entweder zu viel oder zu wenig Toleranz gegenüber den Akteuren.“
Jakob Guhl, Extremismus-Forscher am Institut für Strategischen Dialog (ISD) in London

Laut Jakob Guhl fehlt es allerdings noch an Untersuchungen, die sich von länderspezifischen Kontexten ablösen. Gerade auf der lokalen Ebene wäre es interessant zu untersuchen, ob sich die Faktoren die sich für die nationalstaatliche Ebene beobachten lassen, auch hier wiederfinden. Dadurch ließe sich feststellen, ob rechtsextremistische Täter sich in ihrem privaten Umfeld isoliert oder unterstützt gefühlt haben und wie sich das auf ihre Gewaltbereitschaft ausgewirkt hat.

Keine konkrete Handlungsempfehlung

Der norwegische Forscher Ravndal spricht bei seinen Forschungsergebnissen von einem „bitteren Nachgeschmack“. Es ist schließlich ein schmerzliches Dilemma, so Jakob Guhl. Ravndal würde wohl dazu tendieren rechtspopulistischen Parteien etwas mehr Toleranz entgegenzubringen, doch er sei sich bewusst, dass das für eine liberale Demokratie problematische Konsequenzen haben könne, sagt Jakob Guhl. Ihm hingegen ist wichtig, zu betonen: Die Bekämpfung von Rechtsextremismus dürfe sich nicht nur rechte Gewalt konzentrieren, sondern müsse auch gegen die Normalisierung rassistischer Positionen vorgehen.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Extremismusforscher Jakob Guhl
"Ein Mangel an rechtspopulistischen Parteien kann zu mehr rechter Gewalt führen"
vom 25. Februar 2020
Moderation: 
Jenni Gärtner
Gesprächspartner: 
Jakob Guhl, Extremismus-Forscher am Institut für Strategischen Dialog (ISD) in London