Der Export von Plastikmüll in andere Länder war lange eine gängige Praxis. Nachdem einige Importländer einen Stopp für ausländische Kunststoffabfälle verhängt haben, transportiert jetzt auch die weltweit drittgrößte Reederei keinen Plastikmüll mehr auf ihren Schiffen.
Länder wie Malaysia, Indonesien, Vietnam oder die Türkei zur Müllkippe des Globalen Nordens zu machen, darauf hat die französische Reederei CMA CGM keine Lust mehr. Seit dem 15. April 2022 verweigert die Reederei den Transport von Plastikmüll auf ihren Schiffen.
Davor hatte der Konzern rund 500.000 Tonnen des Mülls pro Jahr verschifft – besonders in südostasiatische Länder. Der Exportstopp solle laut CMA CGM verhindern, dass der Müll unrechtmäßig entsorgt und letzten Endes in den Weltmeeren oder auf Mülldeponien landet.
Stopp als Reaktion auf öffentlichen Druck
Michael Jedelhauser, Referent für Kreislaufwirtschaft beim Nabu, deutet diesen Schritt als Reaktion auf den öffentlichen Druck der vergangenen Jahre. Der kam zum einen von Umweltorganisationen, die einen Stopp der Plastikmüll-Verschiffung gefordert haben. Zum anderen sind die Plastikmüllexporte stärker in das öffentliche Bewusstsein gerückt, sagt er.
Mit ihrem Bann des Kunststoffmülls kann die drittgrößte Reederei der Welt laut dem Kreislaufwirtschafts-Experten auch Vorbild sein. Nämlich für die anderen Big Player im Reederei-Geschäft wie etwa Maersk, MSC oder Hapag-Llyod. Sie nehmen den Müll weiterhin auf Weltreise. "Erst wenn diese anderen großen Reedereien sich dem Vorbild CMA CGM anschließen, hat das eine richtige Wirkung."
"Die Reederei agiert sicherlich auch in gewisser Weise aus einem Image heraus. Aber wenn das mit Umweltschutz verknüpft ist – umso besser."
Das Geschäft mit dem Müll
Der Export von Plastikmüll war über Jahre ein gewinnbringendes Geschäft – zumindest finanziell gesehen. Laut Nabu verschifft Deutschland jedes Jahr ungefähr 720.000 Tonnen Plastikmüll im Wert von 271 Millionen Euro ins Ausland. Das sind elf Prozent von allen Kunststoffabfällen, die in Deutschland entstehen.
Innerhalb der Europäischen Union war Deutschland 2019 laut des Statistischen Bundesamtes mit über einer Million Tonnen Plastikmüll der stärkste Exporteur. Weltweit teilt sich Deutschland die Spitze mit Japan und den USA.
Bis 2018 hat China einen großen Teil des Mülls importiert. Nach einem Importstopp von 24 verschiedenen Recyclingmaterialien in China, darunter auch unsortierter Plastikmüll, hat Deutschland – wie viele andere Industrieländer – seinen Abfall in südostasiatische Länder wie Malaysia, Indonesien und Vietnam umgeleitet. Ein weiterer großer Teil geht zudem in die Türkei und Niederlande.
"Deutschland ist nach wie vor ein sehr wichtiger Akteur beim Thema Plastikmüllexport. 2021 haben jeden Tag knapp zwei Millionen Kilogramm Plastikmüll Deutschland verlassen."
Länder ohne Recyclinginfrastruktur
Den Export des Plastikmülls in die Niederlande hält der Umweltverband für in Ordnung, "wenn auffällt, dass in den Niederlanden gerade freie Kapazitäten in den Recyclinganlagen sind. Das ist dann immer noch eine regionale Verwertung", erklärt Michael Jedelhauser.
Zum ökologischen Problem wird der exportierte Müll in Ländern, die ihn nicht recyceln, weil sie dafür nicht die notwendige Infrastruktur haben. Das sei in vielen südostasiatischen Ländern und der Türkei der Fall. Dort wird der Abfall stattdessen verbrannt, deponiert oder in der Natur entsorgt.
Plastikmüll der Industrie und Haushalte
Welche Art von Plastikmüll in welchem Land endet, ist laut Nabu oft wenig transparent. Es gebe allerdings Hinweise, die zeigen, dass die Kunststoffabfälle aus der Industrie nach Südostasien kommen. Der Müll aus der Gelben Tonne oder dem Gelben Sack würde wiederum häufig innerhalb der EU verteilt.