Die Aussteigerberatung Exit-Deutschland schlägt Alarm. Denn der Bund könnte die Arbeit im nächsten Jahr nicht mehr weiter fördern. Und das in Zeiten eines Wiedererstarkten Rechtsextremismus.
Exit Deutschland kümmert sich um Menschen, die mit dem Rechtsextremismus brechen. Doch offenbar steht die Zukunft der Organisation auf der Kippe: In einem Offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel heißt es: "Der Status und die Finanzierung von Exit-Deutschland nach 20-jähriger erfolgreicher nationaler und internationaler Tätigkeit sind also um ein weiteres Mal ungeklärt."
Bislang hat Exit Deutschland Geld vom Bund bekommen. Im vergangenen Jahr waren das 225.000 Euro. Das Förderprogramm, über welches die Organisation gefördert wurde, läuft aber Ende des Jahres aus und wird komplett umstrukturiert. Exit-Gründer Bernd Wagner ist enttäuscht und fürchtet, dass seine Initiative wohl künftig keine Chancen hat, Geld vom Bund zu bekommen.
"Nicht differenziert genug"
"Der Bund interessiert sich null für die Ableitung von Hardcore Rechtsextremisten aus der militanten Szene. Das ist ja unser Klientel. Diese Marke Täter, die jetzt Walter Lübcke erschossen haben oder auch die Täter NSU", sagt Exit-Gründer Bernd Wagner.
Er kritisiert zudem, dass die Bundesregierung in Zukunft vor allem auf Prävention und Intervention setzt. Das sei gut, doch seiner Ansicht nach sei die Herangehensweise nicht differenziert genug. Gegen Extremisten helfe nicht nur Überwachung und Polizei.
"Es wird behauptet, für die schon gewordenen Extremisten helfe nur noch der Sicherheitsknüppel, und das sei Intervention. Das heißt Polizeien, Nachrichtendienste, Gerichte. Das ist natürlich eine sehr schlichte und in der Praxis durch nichts belegte Wirklichkeit."
Exit sagt, man müsse bei Leuten, die gerade dabei sind, sich zu radikalisieren, eingreifen. Und denjenigen helfen, die sagen: Ich will raus aus der Szene. Die Organisation hilft beim Ausstieg und auch dabei, sich ein neues Leben aufzubauen, in dem die alten, rechten Freunde keine Rolle mehr spielen. Außerdem gibt es auch ehemalige Rechtsextreme, die mittlerweile für Exit im Einsatz sind, zum Beispiel in Schulen gehen und vor der Ideologie warnen.
Auf Anfrage teilte uns eine Sprecherin des Bundesfamilienministeriums mit, dass Exit Deutschland genauso wie alle anderen bisher geförderten Projekte die Chance habe, sich zu bewerben, um weiter Geld zu bekommen. Bernd Wagner befürchtet dennoch das Schlimmste. Er meint, wenn man kommendes Jahr ohne Geld dastehe, sei das verheerend, weil die Leute aus den Programmen - also die Aussteiger - weiter betreut werden müssten.
Hintergrund
Laut dem aktuellen Verfassungschutzbericht des Innenministeriums ist die Zahl der Rechtsextremisten auf einem neuen Höchststand: 24.100 wurden bis zum Jahresende 2018 registriert. Mehr als die Hälfte von ihnen - fast 13.000 - hält der Inlandsgeheimdienst für gewaltbereit. "Im Moment ist der Rechtsextremismus für mich brandgefährlich", sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Der Rechtsextremismus sei eine "Gefahr" und die hohen Zahlen eine Verpflichtung, "dem Rechtsextremismus die Stirn zu bieten".
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