Portugal ist das einzige Land Europas, in dessen Parlament keine Rechtspopulisten sitzen. Wir möchten wissen, warum das so ist und ob Portugal irgendetwas anders macht als die anderen EU-Staaten.
Am Wochenende ist Europawahl. In den allermeisten Ländern, in denen gewählt wird, besteht die Sorge, dass die Rechtspopulisten noch mehr Stimmen sammeln als bei der letzten Wahl. Dass sie also noch mehr Sitze im Parlament bekommen und damit ein europaweiter Rechtsruck nicht mehr abwendbar ist.
Phänomen Portugal
Portugal sticht aus dieser Tendenz heraus. Dort haben die Rechtspopulisten keinen Erfolg. Ein Phänomen. Zum einen liege das an den politischen Themen, die in Portugal andere seien, sagt Oliver Neuroth, unser Korrespondent für Portugal
"Die Themen, in denen rechtspopulistische Parteien in anderen Ländern Erfolg haben, sind in Portugal keine richtigen Themen – zum Beispiel die Einwanderung."
2018 kamen auf eine Million Portugiesen gerade einmal 120 Asylsuchende. In Spanien waren es zehnmal so viele, so Neuroth. Außerdem sei die Kriminalitätsrate in Portugal ziemlich niedrig. Also könne auch niemand daraus politischen Nutzen ziehen, indem er das etwa den Flüchtlingen in die Schuhe schiebe. Auch die Arbeitslosigkeit sei nicht besonders hoch – und die Wirtschaft wachse.
Dazu komme noch die spezielle Geschichte Portugals: Über 40 Jahre, bis in die 70er Jahre hinein, gab es dort ein faschistisches Regime. Viele Portugiesen hat das bis heute geprägt. Sie wollen so eine Diktatur nie mehr erleben, berichtet Oliver Neuroth. Und sie seien sehr skeptisch, was sehr rechte Parteien angeht.
Vom Problemkind zum Vorbild
Vor ein paar Jahren – während der Finanzkrise – war Portugal noch das Problemkind der EU. Damals hätten aber vor allem die linken und ultralinken Parteien Zulauf bekommen, berichtet Neuroth. Sie waren die Europa-Skeptiker, die sich gegen den Brüsseler Sparkurs ausgesprochen haben.
"Die Protestparteien gibt es – sie sind aber auf der linken und nicht auf der rechten Seite."
Rechte Parteien gibt es aber auch in Portugal. Im Parlament vertreten ist etwa die CDS, die viele als europakritisch ansehen. Diese Partei sei aber deutlich sanfter geworden in den vergangenen Jahren, sagt Neuroth. Populisten könne man sie nicht nennen. Die wirklich rechtspopulistischen Parteien seien winzig klein. Ein Bündnis aus vier rechtspopulistischen Parteien zusammen sehen Umfragen bei weniger als 2 Prozent der Stimmen.
Wenn sich an der recht guten wirtschaftlichen Situation wieder etwas verändert, sei es aber durchaus möglich, dass dann auch die Parteien an den linken und rechten Rändern mehr Zulauf bekommen, sagt Oliver Neuroth.