• Deutschlandfunk App
  • ARD Audiothek
  • Spotify
  • Apple Podcasts
  • Abonnieren

Das Streben der polnischen PiS-Regierung nach größerer Selbstständigkeit führt zu einem Konflikt mit der Europäischen Union. Als Folge der geplanten Änderungen der nationalen Gesetze – die nicht mit EU-Werten vereinbar sind – hat der Europäische Gerichtshof Polen am Mittwoch (27.10.2021) zu einer Rekordstrafe verurteilt.

Das Urteil besagt, dass Polen jeden Tag eine Millionen Euro Strafgeld an die EU zahlen muss. Im Detail geht es dabei um die polnische Disziplinarkammer, die Verfahren gegen Richter*innen und Statsanwält*innen eröfnnen und sie sogar suspendieren kann.

Wer Mitglied dieser Kammer ist, bestimmt unter anderem die Regierung. Bereits im Juli hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einer Eilentscheidung gesagt, dass Teile der polnischen Justizreform gegen EU-Recht verstoßen. Die Unabhängigkeit der Justiz in Polen sei gefährdet, ließ das höchste EU-Gericht wissen.

Das in Mitteleuropa gelegene Land hat immer wieder Urteile des EuGH gegen die eigene Justizreform ignoriert. Nun wurde Polen verurteilt, für jeden Tag, an dem die vom obersten europäischen Gericht gefällten Urteile nicht umgesetzt werden, eine Millionen Euro zu zahlen. Auch Gelder, die Polen aus dem EU-Haushalt bezieht, könnten wegfallen.

Polnische Politik reagiert hart

"Wenn Polen sich weigert zu zahlen, dann kann die EU einfach die Zahlungen an Polen aus dem EU-Haushalt kürzen."
Andreas Schmitt, Deutschlandfunk-Nova-Nachrichtenredaktion

Die verbalen Reaktionen der Politik in Polen klingen ziemlich hart, berichtet Andreas Schmitt aus unserer Nachrichtenredaktion: "Allerdings kommen diese Stimmen der Regierung aus der zweiten Reihe." Beispielsweise twitterte Polens Vize-Justizminister Sebastian Kaleta, das Ganze sei Erpressung, und der EuGH verachte und ignoriere die polnische Verfassung.

Externer Inhalt

Hier geht es zu einem externen Inhalt eines Anbieters wie Twitter, Facebook, Instagram o.ä. Wenn Ihr diesen Inhalt ladet, werden personenbezogene Daten an diese Plattform und eventuell weitere Dritte übertragen. Mehr Informationen findet Ihr in unseren  Datenschutzbestimmungen.

Ein diplomatischeres Statement kam vom Vize-Sprecher der Regierungspartei PiS. Er sagte, wie die Justiz eines Mitgliedsstaates organisiert ist, sei allein die Angelegenheit dieses Staates.

Er fordert mehr Gefühl für die eigene Souveränität, Identität und den Nationalstolz des Landes. Das polnische Parlament entscheide darüber, wie das Gerichtswesen in Polen aussehe.

Polnische Opposition begrüßt Urteil

Die polnische Opposition von der Partei Bürgerplattform findet das EuGH-Urteil dagegen richtig. In der Frage der Rechtsstaatlichkeit gebe es keinen Platz für Zugeständnisse. Ein unabhängiges, von politischem Druck freies Gericht, sei das Recht der polnischen Bürgerinnen und Bürger. Es solle nun schnell beraten werden, wie die Disziplinarkammer aufgelöst werden kann.

Hohe Strafen könnten zum Umdenken führen

Noch nie hat die EU eine so hohe Strafe gegen einen Mitgliedsstaat verhängt. Die Höhe der Summe könnte in Polen zum Umdenken in führen.

"Eine höhere Strafe hat der EuGH gegen ein EU-Mitglied bisher nicht verhängt."
Andreas Schmitt, Deutschlandfunk-Nova-Nachrichtenredaktion.

Andreas Schmitt schätzt Geld als das wichtigste Druckmittel im Konflikt zwischen Polen und der EU ein. Er sagt: "Bisher arbeitet Polen eher gegen die EU. Die Disziplinarkammer wurde bisher nicht aufgelöst und kürzlich hat das polnische Verfassungstribunal geurteilt, dass das EU-Recht stellenweise ignoriert werden kann. Polnisches Recht habe Vorrang."

Die aktuellen Spannungen zwischen Polen und der EU sind längst zur Zerreißprobe geworden. Wie es in dem Zwist um die polnische Justizreforn weitergeht, ist noch nicht abzusehen. Europäische Abgeordnete haben jedoch immer wieder betont, dass Polen auf den Weg der gemeinsamen Gesetze zurückkehren müsse.

Shownotes
EU-Streit mit Polen
Millionenbußgeld gegen polnische Justizreform
vom 28. Oktober 2021
Moderatorin: 
Diane Hielscher
Gesprächspartner: 
Andreas Schmitt, Deutschlandfunk-Nova-Nachrichtenredaktion