Estland ist Vorreiter in Sachen Digitalisierung. Jetzt hat die estnische Regierung beschlossen, Serverräume und Datenzentren in befreundeten Staaten aufzubauen.
Estland ist erst seit 26 Jahren ein eigenständiges Land. Damit das auch so bleibt, sollen die Daten, die Estlands Regierung und Verwaltung stützen und ausmachen, zukünftig auch auf Servern in anderen Ländern gespeichert werden - in einer Art Botschaft.
Dabei soll gelten, was auch für eine richtige Botschaft gilt: Es wird ein exterritoriales Gebiet errichtet, das geschützt ist vor dem Zugang durch die Behörden des Landes, in dem es sich befindet. Aber eben auch geschützt vor dem externen Zugriff einer Macht, die sich das Heimatgebiet aneignen will.
Digitale Kontinuität erhalten
Die erste Daten-Botschaft von Estland wird bis 2018 in Luxemburg entstehen. Gerade erst hat Regierungschef Jüri Ratas eine entsprechende Vereinbarung mit seinem luxemburgischen Kollegen unterzeichnet. Dort werden dann Daten gespeichert, die für das Funktionieren des Staates wichtig sind. So will Estland seine "digitale Kontinuität" absichern. Also eine Art Sicherheitskopie in einem befreundeten Nachbarland einrichten.
Mit dieser Idee ist Estland - mal wieder - Vorreiter in Sachen Digitalisierung. Seit 2000 finden dort bereits Kabinettssitzungen online statt. Auch Behördengänge können fast komplett online erledigt werden. Außerdem können Esten seit einiger Zeit online auf ihre Krankenakte zugreifen. Und gewählt wird - trotz massiver Warnungen von Wissenschaftlern aus Michigan - auch online.
Kaum Schutz vor Hackerangriffen
Eben diese Angst vor Hackerangriffen ist der Grund, dass Estland externe Sicherheitskopien anlegt. Vor allem aus Russland befürchten die Esten Gefahr. Vor zehn Jahren wurden zum Beispiel tagelang Banken, Behörden, Polizei und Regierungen durch eine DDos-Attacke lahmgelegt. Auch wenn bis heute nicht geklärt ist, wer hinter dem Hackerangriff steckt, gehen die Vermutungen in Richtung Russland.
Natürlich sind die Daten auch in der Datenbotschaft nicht sicher vor Hackerangriffen. Aber je mehr Botschaften und je mehr Sicherheitskopien es gibt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Estland auch als digitaler Staat weiter handlungsfähig bleibt.
Hintergrundinfos zum Thema:
- E-Residency in Estland: Was dahinter steckt und warum du E-Resident werden solltest | wirelesslife.de
- Im Online-Staat gibt’s keine Warteschlangen | FAZ.net vom 17.05.2017
- Estland - Der Cyberstaat | tagesspiegel.de vom 01.09.2007