Lukas wollte die Fußball-WM in Katar eigentlich nicht gucken. Nun schaut er doch häufiger rein. Wie Lukas liebt auch Marcel Fußball, er hat aber entschieden, nur ausgewählte Spiele anzusehen. Unseren Gesprächspartnern blutet beiden das Fußball-Herz.
Die Fußball-WM in Katar läuft und Deutschland ist mit einer herben Niederlage gegen Gruppengegner Japan in das Turnier gestartet. Doch nicht nur der Auftakt dürfte viele Fans enttäuscht haben. Die Enttäuschung fing schon an mit der fragwürdigen WM-Vergabe an Katar und der dortigen Menschenrechtssituation. So richtig Stimmung kommt einfach nicht auf. So geht es auch Lukas, der eigentlich ein großer Fußball-Fan ist.
Fußball WM in Katar eine Heuchelei
"Eine WM ist eigentlich immer was echt Schönes und bringt so viele Menschen und Kulturen zusammen", sagt Lukas. Die Fußball-WM in Katar passt aber nicht in dieses Schema. Die Spiele schauen? Lukas tut sich mehr als schwer und er hat sich vorgenommen, die WM nicht wie sonst zu verfolgen – auch wenn er wohl das ein oder andere Spiel gucken werde, sagt er. Doch die Menschenrechtsverletzungen in Katar, die Gastarbeiter, die auf den Baustellen ums Leben kamen und all die anderen Vorkommnisse lassen bei ihm keine wirkliche Stimmung aufkommen. Seinen Ärger teilt Lukas auch auf Twitter und schreibt, er fühle sich "zur Zeit nicht aufgehoben im Fußball".
Hinzu kommt, dass Lukas homosexuell ist. Das mache die Situation für ihn noch ein Stück prekärer. Vor dem Hintergrund, dass die Fifa postuliere, eine WM sei für alle Menschen offen, das Turnier aber in einem Land stattfinde, wo Homosexualität unter Strafe steht, das sei heuchlerisch.
"Und dann veranstaltet man die WM in einem Land, wo man als Homosexueller in den Knast geht, wo Frauen unterdrückt werden et cetera. Das ist ein bisschen sehr viel Heuchelei."
Die Situation als Fan sei nicht nur sehr komplex, sie sei ein Kampf. Darüber habe er sich viele Gedanken gemacht in den vergangenen Wochen. Dennoch mache es einen Menschen nicht schlecht, wenn er die WM gucke, meint Lukas. Doch sollten Zuschauende das stets mit dem Bewusstsein tun, dass Menschen dafür gestorben seien und Menschenrechte missachtet würden.
Fragliche Fußballgeschichte
Auch Marcel ist ein großer Fan des Fußballs. Während der WM in Katar will er ausgewählte Spiele sehen und vor allem der deutschen Mannschaft die Daumen drücken. Andere Spiele schaue er aber auch, "einfach aus Interesse an der Situation, die da aktuell herrscht", sagt er. Die WM sei unfassbar politisch und es werde Geschichte geschrieben, wenn auch keine beispielhafte.
"Was da alles aktuell passiert. Bei der WM wird Geschichte geschrieben, wenn auch kein gutes Kapitel der Fußballgeschichte."
Mutmaßlich gekaufte Fans, die Stimmung machen, der stille Protest der Iran-Spieler oder die fragwürdigen Rahmenbedingungen der WM – das Ganze auch aus dieser Perspektive zu betrachten, sei bis zu einem gewissen Punkt extrem spannend, meint Marcel.
Natürlich hat sich Marcel seine Entscheidung nicht leicht gemacht, die Situation von Menschen und Minderheiten in Katar berühre ihn sehr, sagt er. Deswegen schaue er die Spiele nicht unreflektiert und immer mit dem Bewusstsein, "was für eine Scheiße da passiert". Es mache ihn auch wütend, dass man sich als Fußballfan überhaupt die Frage stellen müsse, Spiele zu schauen. Schließlich sollte eine WM doch das größte Fußballereignis überhaupt sein, ein Fest.
Von Fußball-Stimmung keine Spur
Klar, auch bei den Weltmeisterschaften in Brasilien oder Südafrika gab es Diskussionen um Menschenrechte, aber was in Katar zusammenkomme, da sei wirklich alles schlecht, findet Marcel. Für ihn seien die vergangenen Weltmeisterschaften immer mit vielen positiven Erinnerungen verbunden, die bis in seine Kindheit zurückreichten. Doch dieses Jahr sei überhaupt keine Stimmung da. Vielleicht tue es ihm da auch nicht so sehr weh, wenn Deutschland früher als erwartet aus dem Turnier fliege.
"Ich freue mich, wenn Deutschland gewinnt. Aber es wird mir nicht so wehtun, wenn Deutschland rausfliegt. Das ist halt schade, weil eine WM für Fußballfans ist, aber es kommt halt gar keine Stimmung auf."
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- Marcel, hat sich entschieden, nur ausgewählte Spiele zu gucken
- Matthias Friebe, begleitet die Fußball-WM als Journalist vor Ort in Katar