Der Prüfungsstress ist vorbei. Aber was dann? Obwohl vieles von uns abfällt, wissen wir erstmal nicht weiter. So ging es auch Anna nach Abgabe ihrer Masterarbeit. Psychologin Ulrike Scheuermann erklärt, wie wir aus diesem Loch kommen – oder gar nicht erst hineinfallen.
Anna hat sechs Monate auf die Abgabe ihrer Masterarbeit hingearbeitet. Das war eine stressige Zeit, weil sie neben ihrer Masterarbeit weiter in ihrem Job gearbeitet hat. Als der Abgabetag dann kam und Anna mit den vergangenen sechs Monaten abschließen konnte, war sie erst erleichtert, sagt sie. Doch wenige Tage später hat sie gemerkt, wie erschöpft sie ist – körperlich und psychisch. "Ich bin in ein Loch gefallen", sagt Anna.
Was mache ich in meiner Freizeit? Was mache ich nach der Arbeit? Kann ich mir das überhaupt gönnen, einfach zu entspannen? Das waren Fragen, die in Annas Kopf gekreist sind. Plötzlich hatte sie Zeit – das war neu. Als sie ihre Masterarbeit noch geschrieben hat, waren ihre Tage sehr durchstrukturiert: Nach der Arbeit und an den Wochenenden hat sie sich an ihren Schreibtisch gesetzt und sich um ihre Masterarbeit gekümmert. Für mehr als das war keine Zeit.
"Darf ich mir denn jetzt überhaupt gönnen zu chillen?"
Nach der Abgabe wollte Anna alles nachholen: Hobbys, Freunde treffen, ausgiebig kochen. Doch dann hat sie gemerkt, wie erschöpft sie sich fühlt und dass sie vor allem eines braucht: Ruhe. "Ich habe mir nichts angehört, nichts angeschaut und auch nichts gelesen. Ich habe auf meinem Bett gelegen und mich ausgeruht", erzählt sie. Das hat ihr gutgetan.
"Wenn der Kopf so voll war, passt da nichts mehr rein. Der muss erst mal Ruhe haben."
In der Zeit konnte sich Anna auch mit einer Kommilitonin austauschen, Katja. Das hat ihr geholfen, sagt sie. Die beide haben ihre Masterarbeit am gleichen Tag abgegeben und auch Katja hat sich danach ähnlich erschöpft gefühlt wie Anna.
Erholung ist wichtig
Dass wir nach einer stressigen Zeit in eine Art Loch fallen oder ein emotionales Tief erleben, ist erst mal auch nichts Ungewöhnliches, sagt Psychologin Ulrike Scheuermann.
Sie nennt zwei Gründe, warum das so ist. Zum einen fällt ein Ziel weg, auf das wir eine gewisse Zeit hingearbeitet haben – wie eine Prüfung oder die Abgabe einer Abschlussarbeit. Dadurch verändert sich zum Beispiel auch unsere Tagesstruktur. Bevor wir unser Ziel erreicht haben, wussten wir immer, was an dem Tag ansteht. Wenn das plötzlich nicht mehr der Fall ist, kann man dadurch in ein Loch fallen, so die Psychologin.
"Wenn dieses Loch kommt, ist das ein ganz deutliches Signal: Hier geht jetzt gerade mal nichts. Das kann auch bedeuten: Ich regeneriere in der Zeit."
Der andere Grund ist, dass uns Dauerstress psychisch und körperlich belastet. "Dann kann es sein, dass die Kräfte danach sehr eingeschränkt sind", erklärt Ulrike Scheuermann. Das bedeutet: Nach so einer stressigen Zeit brauchen wir auch eine Zeit der Erholung. Körper und Geist regenerieren und wir sammeln neue Kraft. Das kann ein paar Tage dauern oder auch Wochen.
Wenn wir aber merken, dass wir alleine nicht mehr aus der Erschöpfung herauskommen oder dieser Zustand anhält, sollten wir uns Hilfe holen. Denn Dauerstress kann auch zu einem Burn-out führen – muss es aber nicht. Hier kann es helfen, wenn wir mit Freund*innen, der Familie oder anderen vertrauten Menschen darüber sprechen, wie es uns geht. Und dann ist es auch jederzeit möglich, sich professionelle Unterstützung zu holen. Alle Infos dazu findest du hier.
"Eine der besten Arten, sich zu beruhigen, ist, dass man mit vertrauten Menschen darüber spricht."
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