Sechs Länder haben inzwischen eine Steuer auf zuckerhaltige Getränke eingeführt. Und auch die Bundesregierung hat dem Zucker den Kampf angesagt. Sie arbeitet an einer Strategie, die uns Verbraucher dazu kriegen soll, weniger Süßes zu essen. Dennoch sei das Zucker-Zeitalter nicht zu Ende, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Sophie Stigler.
Von einem generellen Verbot zuckerhaltiger Lebensmittel durch die Bundesregierung kann natürlich keine Rede sein. Reduziert werden soll aber zum Beispiel Zucker in Limos und Saftgetränken. Auch Joghurts, Müslis und Cornflakes hat Ernährungsministerium Julia Klöckner im Visier.
Laut dem Entwurf der Broschüre "Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten" des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft soll der Zuckeranteil in zweistelliger Höhe reduziert werden. Das seien im Schnitt mindestens zehn Prozent, sagt Sophie Stigler.
Dazu eine Beispielrechnung:
Bei einem Joghurt mit zehn Gramm Zucker auf 100 Gramm Joghurt wäre das ein Gramm weniger Zucker. Umgesetzt werden sollen die Maßnahmen allerdings erst bis zum Jahr 2025. Und die Lebensmittelhersteller sollen selbst entscheiden, was sie wie ändern und ob überhaupt.
Maßnahmen der Regierung in der Kritik
Nach Meinung von Foodwatch seien diese Maßnahmen allerdings ziemlich sinnfrei erklärt, deren Zuckerexperte Oliver Huizinga: Es sei eine Kapitulation vor der Ernährungsindustrie.
"Wir erwarten keine großen Veränderungen, weil die ganzen vorgeschlagenen Maßnahmen fast alle freiwillig sind. Was Frau Klöckner als großen Wurf verkauft, ist in Wahrheit eine Kapitulation vor den Interessen der Ernährungsindustrie."
Auch andere Verbraucherschutzverbände und NGOs sprechen sich für verbindliche Ziele aus. Das Bundesministerium für Ernährung teilte auf Nachfrage mit, dass die Branche schon längst damit begonnen habe, die Rezepturen einiger Produkte zu verändern. Tatsächlich haben einige Supermarktketten in den vergangenen Jahren ihre Eigenmarken überarbeitet oder seien gerade dabei, den Zuckergehalt zu senken, so Sophie Stigler. Dieses Engagement eigne sich allerdings auch ideal als Werbebotschaft, so Sophie. Denn gesundes Essen sei ein Verbrauchertrend und gelte als schick.
Zuckerreduzierte Varianten von Lebensmitteln wie Schokoriegeln oder Fruchtjoghurts gibt es schon lange. Nach Meinung von Foodwatch ändere sich dadurch allerdings am Gesamtangebot wenig.
Zucker als Zutat macht das Produkt nicht nur süß, es ist auch billig und sorgt für Masse
Ein Verzicht auf Zucker bei allen Lebensmitteln ist ohnehin nicht so einfach möglich, sagt Sophie Stigler. Denn Zucker macht Produkte nicht nur süß, sondern beispielsweise Joghurt auch fester, Zucker verstärkt den Geschmack und Zucker macht auch haltbar. Das alles führt dazu, dass der Zucker nicht einfach weggelassen werden kann und das Produkt in einer weniger süßen Version danach einfach im Regal steht.
Außerdem ist Zucker in Lebensmitteln billig und sorgt für Masse. Verzichtet der Hersteller auf fünf Gramm Zucker in einem Keks, bekäme der Kunde dann eben fünf Gramm Keks weniger.
Nach wie vor lieben wir Zucker
Der Zuckerkonsum der Deutschen hat sich in den vergangenen acht Jahren nicht deutlich reduziert. Von einem Ende des Zuckerzeitalters sind wir damit also noch sehr weit entfernt.
Laut Carolin Krieger vom Bundesverband der Verbraucherzentralen sei die Ursache für den hohen Zuckerkonsum durch die Bevölkerung auch in den vielen verarbeiteten Lebensmitteln zu suchen. Und hier in Produkten, in denen wir Zucker gar nicht erwarteten. In Fertigpizza zum Beispiel.
"Fertigpizza. Da erwartet man ja nicht, dass da viel Zucker enthalten ist, aber es ist im Endeffekt so."
Ein weiteres Problem seien versteckte Zucker, so Carolin Krieger. Um diese zu erkennen, müssen wir schon ganz genau hinsehen. Denn schon vor Jahren haben Verbraucherzentralen 70 verschiedene Namen für Zucker auf Verpackungen gefunden.
Vom Ende des Zuckerzeitalters kann also trotz den ab 2025 geplanten und freiwilligen Maßnahmen keine Rede sein. Wer auf Zucker verzichten möchte, kann einen Bogen um die Klassiker wie Süßigkeiten machen. Und auch ein Blick auf die Zutatenlisten von Fertigprodukten hilft weiter.