Erdöl galt als das schwarze Gold des 20. Jahrhunderts. Doch das hat sich geändert. Der Ölpreis sinkt - und zwar deutlich, weil es nicht mehr so starkt nachgefragt wird. Für die Umwelt bedeutet das aber noch keine Entwarnung.
Lange war die Befürchtung groß, das Erdöl werde nicht ausreichen – das sieht inzwischen anders aus. Die Frage ist vielmehr: Können wir die geförderte Menge noch aufbrauchen? Viele Expertinnen gehen davon aus, dass der Nachfragehöhepunkt bei Öl bereits überschritten ist. Das drückt sich auch im Preis aus, der seit dem Frühjar 2020 deutlich gefallen ist.
"Die Corona-Krise hat einen Teil dazu beigetragen, dass weniger Öl verbraucht wird. Aber: Der Trend geht sowieso langfristig hin zu weniger Öl."
Aufgrund der Krise, ausgelöst durch die Coronavirus-Pandemie, sind Produktion und Verkehr weltweit zurückgegangen und es arbeiten mehr Menschen von zu Hause.
Doch auch langfristig geht der Trend hin zu weniger Öl, sagt Sandra Pfister aus der Dlf-Wirtschaftsredaktion. Selbst einige große Energiekonzerne sehen das ähnlich. Etwa der britische Energiekonzern BP meint, die Nachfrage nach fossilen Energieträgern wird in den kommenden 30 Jahren um die Hälfte schrumpfen.
Leichter Anstieg nach Pandemie wieder möglich
Es könnte allerdings sein, dass es nach der Pandemie wieder eine Steigerung der Nachfrage gibt. Mit solchen Wellenbewegungen ist zu rechnen, sagt Sandra Pfister. Aber so hoch wie beim Peak in den Jahren 2018 und 2019 wird die Nachfrage nicht mehr steigen.
"Es gibt zwar immer noch die Globalisierung, aber die Handelsströme werden wieder regionaler. Die Lieferketten sind eher innerhalb Südostasiens oder Europas selbst."
Das liegt auch an der Verkürzung der Transportwege, weil der Handel wieder regionaler wird. Das hat viele Gründe, unter anderem, dass China selbstständiger werden will und auch nicht mehr die Werkbank des Westens sein will, sagt Sandra Pfister. Das Resultat: kürzere Transportwege für Güter, weniger Energieverbrauch und weniger Öl.
Plastik benötigt wenig Öl
Eine Verringerung von Plastik würde beim Ölverbrauch keine entscheidende Rolle spielen. Tendenziell werden im Moment nämlich mehr Plastikverpackungen verbraucht statt weniger. Aber die Kunststoff- und Chemieindustrie haben zusammen einen Anteil von weniger als 10 Prozent am gesamten Ölverbrauch. Kunststoffverpackungen machen nur 1,5 Prozent aus.
"Grüne Energie wird von vielen Regierungen stark gefördert - zuletzt zum Beispiel grüner Wasserstoff. Daraus folgt, dass am Ende grüne Energie günstiger und konkurrenzfähiger wird."
Die große Nachfrage nach Öl hat sich dennoch nicht einfach von alleine erledigt: Dafür braucht es konkrete Entscheidungen aus der Politik, meint Sandra Pfister. Wird grüne Energie gefördert, lohnt es sich für die Unternehmen umzusteigen.
Druck durch die Anleger steigt
Ein weiterer Grund für die niedrige Nachfrage ist der Druck der Anleger. Investoren an der Börse haben fossile Energieträger abgeschrieben, sagt Sandra Pfister. Viele nehmen an: Konzerne, die sich trotz Kilmawandel nicht umstellen, werden keine Zukunft haben.
Das liegt zum einen daran, dass Wind- und Solarenergie immer günstiger werden. Aber auch daran, dass Konzerne von ihrer Kundschaft und großen Investoren abgestraft werden, sollten sie nur Greenwashing betreiben und nicht tatsächlich umsteuern.
"Erdgas ist ein wunder Punkt. In den vergangenen Monaten ist zwar auch die Nachfrage nach Gas eingebrochen. Aber sie steigt tendenziell wieder."
Eine sinkende Nachfrage nach Öl - das klingt erst einmal nach guten Neuigkeiten für die Umwelt. Das ist nicht unbedingt so, sagt Sandra Pfister. Denn dafür wird mehr Erdgas und Flüssig-Gas aus dem umstrittenen Fracking-Verfahren verbraucht.
Viele Investoren seien der Ansicht, Erdgas sei für den Übergang zwar noch wichtig, langfristig sei das Ziel aber ganz davon abzukommen. Der Trend ist eindeutig: Die fossilen Brennstoffe werden durch Erneuerbare ersetzt - aber auch durch Atomkraft. Weltweit steigt die Produktion von Atomstrom so stark an wie schon lange nicht mehr.