Am Donnerstag (05.09.2024) ist der neue Erdbeobachtungssatellit Sentinel-2C ins All gestartet. Betrieben wird er von der Europäischen Weltraumagentur ESA, er gehört zum Copernicus-Programm der EU. Entwickelt wurde er in Deutschland.

Raketenstarts sind inzwischen eine beinahe tägliche Angelegenheit: Zum Beispiel startet die Firma SpaceX fast jede Woche neue Satelliten für ihren Internetdienst Starlink ins All. Auch China ist stark vertreten und startet inzwischen rund 60 Mal im Jahr neue Kommunikationssatelliten, Forschungssonden und sogar geheime militärische Geräte.

Europa spielt in diesem Geschäft eine kleine Rolle. Doch manchmal kommt auch Technik aus Europa und sogar Deutschland mit einer wichtigen Mission im Weltraum an – so wie jetzt eben Sentinel-2C.

Jedes Fleckchen Erde wird alle fünf Tage einmal fotografiert

Der Satellit macht im Wesentlichen Bilder von der Erde, erklärt Astrophysiker und Raumfahrtjournalist Michael Büker. Die Vorgängersatelliten Sentinel-2A und -2B machen das bereits seit fast zehn Jahren. Sie schweben auf versetzten Umlaufbahnen und ermöglichen auf diese Weise, dass jedes Fleckchen Land auf der Erde alle fünf Tage einmal fotografiert wird. Die Bilder werden dann nahezu sofort zur Erde gefunkt und in riesigen Datenbanken der EU gesammelt.

"Das EU-Programm Copernicus soll eine umfassende Überwachung des Planeten liefern. Man möchte verfolgen, was mit der Natur und dem Planeten vor sich geht."
Michael Büker, Astrophysiker und Raumfahrtjournalist

Mit ihrem Copernicus-Programm will die EU die Veränderungen unseres Planeten fotografisch dokumentieren. Es geht um Klimawandel und Abholzung, um Gletscherschmelzen und Meeresspiegelanstieg, um Ernteerträge, Verkehrsinfrastruktur und Naturkatastrophen wie Erdbeben und Vulkanausbrüche.

"Optisches Multispektralinstrument" liefert ganz besondere Bilddaten

Es handelt sich nicht um einfache Fotos, sondern um Bilddaten mit einem großen wissenschaftlichen Nutzen, erklärt Michael Büker. Das sogenannte „optische Multispektralinstrument“ von Sentinel-2C fängt mit großer Genauigkeit bestimmte Wellenlängen des Lichts ein. Diese Daten erlauben sehr vielfältige Analysen:

  • Damit lässt sich zum Beispiel das Grün von Wäldern und Feldern so genau analysieren, dass man Vorhersagen über die Gesundheit von Bäumen und den Ertrag einer Ernte treffen kann.
  • Mit Hilfe der Sentinel-Bilddaten konnten Forschende 2023 große Freisetzungen des Treibhausgases Methan aufdecken – obwohl es für unsere Augen unsichtbar ist.
  • Copernicus hat mit 2024 gerade den heißesten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen registriert.

Wir reden hier von wahren Datenmassen: Allein die Bilddaten der Sentinel-2-Satelliten aus den letzten zehn Jahren belaufen sich auf rund 2,66 Petabyte – das sind 2.660.000 Gigabyte. Mit den übrigen Sentinel-Satelliten und weiteren Datenquellen zusammen beträgt der Datenschatz des Copernicus-Programms zur Zeit fast 60 Millionen Gigabyte – verwaltet und bereitgestellt übrigens von der Deutschen Telekom im Auftrag der Europäischen Union.

Datenmassen – für jede*n von uns zugänglich

Die EU hat entschieden, dass die Bilddaten bedingungslos allen Menschen weltweit zur Verfügung stehen sollen. Neben der Europäischen Union selbst nutzen sie vor allem Forschende aus aller Welt, aber auch große und kleine Unternehmen, die sich einen Vorteil davon versprechen, laufende frische Daten über die Erde oder ein bestimmtes Gebiet zu haben.

"Du und ich können jederzeit etwas von diesen fast 60 Millionen Gigabyte herunterladen und für unsere Zwecke benutzen – vorausgesetzt natürlich, dass man sich ein bisschen mit der nötigen Software beschäftigt."
Michael Büker, Astrophysiker und Raumfahrtjournalist

Ein besonders eindrucksvolles, wenn auch trauriges Beispiel für die Verwendung der Sentinel-Satellitendaten ist der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine: Analysten nutzen die Bilder, um etwa Schäden durch Raketenangriffe abzuschätzen – oder auch die ukrainischen Ernteausfälle, die dadurch entstehen, dass Felder entlang der Front nicht bestellt werden können.

Letzte Vega-Rakete

Ins All geflogen ist Sentinel-2c mit der letzten europäischen Vega-Rakete. Die Vega war eine ziemlich kleine Rakete, erklärt Michael Büker. Sie wurde in Italien gebaut und vor allem für Erdbeobachtungssatelliten und kleinere Forschungsmissionen verwendet. Mit zwei Fehlstarts bei insgesamt 22 Missionen hat sie aber eine ziemlich schlechte Erfolgsquote. Sie soll nun abgelöst werden von der verbesserten Vega-C – die allerdings auch schon einen Fehlstart erlitten hat.

Shownotes
Erdbeobachtung
Letzte Vega-Rakete bringt Sentinel-Satellit ins All
vom 08. September 2024
Moderation: 
Rahel Klein
Gesprächspartner: 
Michael Büker, Astrophysiker und Raumfahrtjournalist