Nach einer Rucksackreise durch Nepal und Indien in den 90er-Jahren hat sich Stella Deetjen dazu entschlossen, ihr altes Leben komplett hinter sich zu lassen. Sie blieb, um den Menschen direkt vor Ort zu helfen. Mit Mitte 20 gründete sie den Verein "Back to Life", der heute tausende Menschen in Nepal und Indien unterstützt.
Anfang der 90er-Jahre reist Stella Detjen als Rucksacktouristin durch Nepal und Indien und fasst einen Entschluss: Das alte Leben hinter sich lassen, die Studien und Zukunftspläne begraben und bleiben, um den Menschen zu helfen, die es dringend nötig haben. Eigentlich habe sie Kunst machen wollen, jetzt sei es Überlebenskunst, sagt Stella.
"Eigentlich wollte ich Kunst machen in meinem Leben, jetzt mache ich Überlebenskunst"
Auslöser für ihren ungewöhnlichen Entschluss war unter anderem ein Ereignis, dass sie tief berührte, sagt sie. In einer Situation, in der es ihr sehr schlecht gegangen sei, bekam sie Hilfe von einem älteren Mann, der eigentlich selber dringend Hilfe benötigte – ein Unberührbarer, ein Mensch, der an Lepra erkrankt war und von der Gesellschaft ausgestoßen lebte. Das habe sie sehr bewegt, schließlich gründete Stella mit Mitte 20 zusammen mit ihrem Bruder den Hilfsverein "Back to Life", mit dem sie inzwischen mehr als 45.000 Menschen in Nepal und Indien erreicht.
Hilfsprojekte: Kinderheime, Schulen, Geburtshäuser
Zu Beginn half Stellas Verein vor allem Leprakranken, später wurden mit Unterstützung des Vereins auch Kinderheime und Schulen gebaut. Aktuell ist die Errichtung von Geburtshäusern in der nepalesischen Region Mugu ein größeres Projekt. Bis 2009 habe es in der Gegend noch nicht einmal Straßen gegeben, sagt Stella. Das Leben dort sei fast mittelalterlich gewesen, die Menschen seien im Prinzip vergessen worden und lebten ohne medizinische Versorgung.
"Es waren im Prinzip vergessene Menschen. 55.000 Menschen, die an der Grenze zu Tibet leben und keinen Austausch an Gütern haben und keinerlei medizinische Versorgung."
Bevor sich der Verein hier engagiert habe, habe die Lebenserwartung der Menschen bei 36 Jahren gelegen. Mittlerweile liege sie bei 44 Jahren. Erfolge wie dieser würden den Sinn der Arbeit bestätigen, sagt Stella.
Für Frauen sei die Situation in der Region besonders schwer. Aufgrund eines verbreiteten Geisterglaubens müssen Frauen, die ihre Monatsblutung haben, aber auch bei einer bevorstehenden Geburt, das Haus verlassen. Sie leben in dieser Zeit zum Beispiel in Kuhställen – mitten im Dreck, in der Dunkelheit und mit Fliegen überall.
"Ein Kuhstall in Nepal ist ein wirklich kleiner Verschlag ohne Fenster, rabenschwarz, mit Schmeißfliegen übersät. Und dort müssen die Frauen sich 20 Tage lang zurückziehen und ihr Kind alleine auf die Welt bringen."
Dementsprechend sei die Kindersterblichkeitsrate in Mugu eine der höchsten weltweit. Und darum seien sichere Orte wie Geburtshäuser wichtig, um den Frauen zu helfen, zumal Krankenhäuser vier bis fünf Tagesmärsche entfernt lägen, sagt Stella.
Helfenwollen sei das eine, die andere Sache sei aber die Frage nach dem Wie: "Ich kann ja als Ausländerin nicht dahin gehen und mit der Kultur brechen und von den Leuten erwarten, dass sie eben ihre alten Traditionen zur Seite lassen", sagt Stella. In Nepal arbeitet sie darum nur mit Nepalis zusammen. Dinge im Land verändern, das solle nicht von außen kommen, sagt Stella. Vor dem Bau eines Geburtshauses wurde zum Beispiel auch das Gespräch mit dem Schamanen des Dorfes gesucht. Dieser konnte schließlich von der Sache überzeugt werden und er segnete das Vorhaben ab.
Wäre bei der ersten Geburt etwas schiefgegangen, hätten die Leute geglaubt, es liege das Böse Auge auf uns, sagt Stella. Mittlerweile wurden in der Region 13 Geburtshäuser unter schwierigen Bedingungen und teilweise in Handarbeit gebaut. Weitere sollen folgen.
Im Early Bird erfahrt ihr ausführlicher von den prägenden Erlebnissen, die Stella dazu bewogen haben, ihr altes Leben aufzugeben und den armen Menschen in Nepal und Indien zu helfen. Außerdem erzählt sie, wie sie auf die Menschen vor Ort zugeht und sie in die Projekte mit einbindet, warum es nicht nur ein Klischee ist, dass die Menschen in Nepal als besonders freundlich gelten und warum sie noch nie daran gedacht habe, aufzugeben und nach Deutschland zurückzukehren.