Wer Probleme mit schnellen Entscheidungen hat, dem kann der gute alte Münzwurf helfen. Das bestätigt ein Online-Experiment der Uni Basel.

Den neuen Job annehmen oder nicht? Umzug in die andere Stadt oder hierbleiben? Wir müssen so oft schwierige Entscheidungen treffen. Da kann es angebracht sein, einfach eine Münze zu werfen. Wir müssen uns ja nicht danach richten. Trotzdem hilft so ein Zufallselement, sagen Forscherinnen an der Uni Basel. In ihrem Online-Experiment sollten 1000 Probanden zwischen zwei Optionen entscheiden - zum Beispiel, welcher wohltätigen Organisation sie Geld spenden wollten. Ein vergleichsweise einfache Entscheidung, bei der ein Münzwurf helfen kann, wenn wir uns nicht entscheiden können.

Dann war da aber auch ein zweites Experiment: Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten entscheiden, ob sie einen Mitarbeiter feuern – eine Situation, in der wir klassischerweise erst mal viele Informationen zusammentragen. Andere legen Pro-und-Kontra-Listen an. Das kann hilfreich sein, weil es den Entscheidern ein Gefühl der Kontrolle vermittelt. Das Problem bei dieser Taktik: Manchmal findet dieser Prozess kein Ende und wir sammeln mehr und mehr Informationen, was die Entscheidung immer schwieriger macht. Analysis paralysis oder auch: Analyse-Lähmung nennen das Wissenschaftler. Ein Ausweg aus dieser verfahrenen Situation: Einfach den Zufall entscheiden lassen, sagt das Forschungsteam.

Münzwurf beeinflusst die Entscheidung

Bei dem Experiment über die Kündigung bekamen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erst mal Informationen zur Leistung der Person und sollten dann eine vorläufige Entscheidung treffen. Dann wurde einigen von ihnen virtuell das Ergebnis eines Münzwurfes angezeigt: Kopf hieß Vertragsverlängerung, Zahl Kündigung. Die übrigen Probanden bekamen keinen Münzwurf angezeigt. Nach einiger Zeit wurden alle gefragt, ob sie bei ihrer Entscheidung bleiben wollen oder nicht

Von den Probanden, die das Ergebnis des Münzwurfes gesehen hatten, forderten um die 70 Prozent noch mehr Infos, von denen ohne Münzwurf mehr als 90 Prozent. In mehreren anderen Versuchen fielen die Ergebnisse ähnlich aus. Es sieht also so aus, als hätte der Münzwurf die Entscheidung beeinflusst. Und dass, obwohl sich die Probanden nicht unbedingt daran gehalten haben, was die Münze ihnen empfohlen hat.

"Unterbewusst tendiert man zu einer Option, man zögert nur, diese Entscheidung auch zu treffen."
Sophie Stiegler, Deutschlandfunk Nova

Die Vermutung der Studienautoren: Die Münze hilft eigentlich nur dabei, den Entscheidungsprozess voranzutreiben. Es entstehe also ein Gefühl, dass wir etwas abschließen. Es gibt auch die Theorie, dass wir erst, wenn uns ein Ergebnis vorgelegt wird, merken, wie wir uns damit fühlen. Unterbewusst tendieren wir offenbar zu einer Option, wir zögern allerdings, diese Entscheidung auch zu treffen.

Dabei könnte es auch eine Rolle spielen, eine Entscheidung abzugeben. In den meisten Fällen möchten wir gerne selbst entscheiden und fühlen uns dann auch besser. Es gibt Studien die zeigen: Wenn wir uns eine Aufgabe selbst aussuchen, erledigen wir sie anschließend auch mit mehr Ehrgeiz und Spaß.

Vor Entscheidungen drücken

Und dann sind da die Fälle, in denen wir Entscheidungen am liebsten abgeben. Zum Beispiel, wenn alle Optionen gleich erscheinen oder wenn wir uns sprichwörtlich zwischen Pest und Cholera entscheiden müssen, also alle Optionen negativ bewerten oder wir einfach nicht die Verantwortung übernehmen wollen. Genau das wird bei dem Experiment simuliert, bei denen Probanden jemanden feuern sollen.

Das Fazit der Autoren: Sie empfehlen keinesfalls, bei schwierigen Entscheidungen einfach eine Münze zu werfen, statt uns gründlich zu informieren. Aber sie haben festgestellt: Manchmal drücken wir uns vor Entscheidungen, indem wir immer mehr Informationen sammeln. Und in solchen Fällen kann es helfen, einfach mal eine Münze zu werfen oder ein Los zu ziehen – und zu gucken, wie wir uns mit dem Ergebnis fühlen.

Shownotes
Entscheidungsfindung
Münze werfen hilft!
vom 06. November 2019
Moderation: 
Paulus Müller
Gesprächspartnerin: 
Sophie Stiegler