Katharina Nocun ist selbst immer wieder betroffen von Hass und Hetze auf Twitter. Ihre Sorge ist, dass nach dem Kauf von Twitter durch Elon Musk bekannte Verschwörungsideologen auf die Plattform zurückkehren.

In den vergangenen Jahren sind bekannte Akteure wie zum Beispiel Donald Trump, die systematisch Falschmeldungen auf Twitter verbreiteten, von der Plattform verbannt worden. "Jetzt ist die große Frage: Kommen diese großen Akteure wieder auf die Plattform?", sagt die Netzexpertin und Autorin Katharina Nocun. "Und wie geht man damit um, wenn wieder Falschmeldungen und Verschwörungserzählungen verbreitet werden?"

Musk nutzt den Begriff "Meinungsfreiheit" mal so, mal so

Elon Musk hatte angedeutet, dass es wieder mehr "Meinungsfreiheit" auf Twitter geben solle. Für Katharina Nocun ist das ein Narrativ des Unternehmers und seinen Anhängern. Menschen würden sich von Plattformen zurückziehen, wenn Hass und Hetze toleriert werden. Das seien vor allem weibliche Stimmen und Stimmen von Minderheiten.

Wenn am Ende auf Plattformen wie Twitter allein die zu hören sind, die am lautesten sind, weil Hetze und Hass toleriert werden, sei das keine Meinungsfreiheit, so Katharina Nocun.

"Für Elon Musk ist Meinungsfreiheit vor allem ein Narrativ. Meinungsfreiheit meint eben nicht, dass der Lauteste am Ende der einzige ist, der gehört wird."
Katharina Nocun, Netzexpertin und Autorin

Entscheidend sei im Kontext angeblicher Meinungsfreiheit auch, dass Elon Musk selbst nicht viel davon halte, wenn es um die Berichterstattung über sein Unternehmen Tesla gehe. "Das ist keine Success-Story der Pressefreiheit", sagt Katharina Nocun. Reporter*innen, die kritisch berichteten, bekommen keine Informationen mehr. Auch will Elon Musk gerne Berichte lesen, bevor sie veröffentlicht werden.

Elon Musk will ein Gremium einsetzen

Der Unternehmer hatte rund um den Twitter-Deal angekündigt, ein Gremium einzurichten. "Das soll zum Beispiel darüber entscheiden, wer wieder auf die Plattform kommt oder eben nicht", sagt Katharina Nocun. "Je nachdem, wie dieses Gremium aussieht, kann es in die eine oder andere Richtung gehen."

Elon Musk werde wohl selbst mitentscheiden, wer in dieser Art Kommission sitzt. Für Katharina Nocun ist das Gremium auch eine mögliche Strategie: Denn so könne Elon Musk Verantwortung von sich schieben, wer auf die Plattform zurückkehren darf.

Entscheidend sind aber auch rechtliche Rahmenbedingungen, wenn es um Hetze und Hass geht. Vor allem auch, ob konsequent Rechtsverstöße strafrechtlich geahndet werden. Auch, wie schnell Inhalte gelöscht werden. Außerdem spielen auch wirtschaftliche Fragen eine Rolle.

"Durch den Kauf von Twitter geht Elon Musk ein sehr großes finanzielles und auch persönliches Risiko ein."
Katharina Nocun, Netzexpertin und Autorin

Auch Geldgeber und große Werbekunde können Einfluss nehmen. In der Vergangenheit machten Unternehmen Druck auf Plattformen wie Facebook oder auch Youtube, wenn ihre Werbung zum Beispiel im Zusammenhang mit Verschwörungsmythen und Gewaltaufrufen ausgespielt wird.

Shownotes
Netzexpertin Katharina Nocun
"Für Elon Musk ist Meinungsfreiheit ein Narrativ"
vom 31. Oktober 2022
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartnerin: 
Katharina Nocun, Netzexpertin und Autorin