Es gibt nur wenige Ideen, die eine derart nachhaltige Wirkung entfaltet haben, wie die Reformation des Wittenberger Predigers Martin Luther. Was mit der Niederschrift von 95 Thesen als Reformversuch der römischen Kirche begann, endete mit der Gründung einer eigenen christlichen Kirche. Das war nicht seine Absicht, als er Fehlentwicklungen in der römischen Kirche anprangerte und deren Beseitigung forderte.
Seit 1513 saß Giovanni de Medici als Leo X. auf dem Heiligen Stuhl im Vatikan. Er war maßgeblich am Neubau des Petersdoms beteiligt - der Dom sollte die größte Kirche der mittelalterlichen Christenheit werden. Doch die Finanzierung des gigantischen Bauvorhabens drohte den Vatikan zu ruinieren. Deshalb wurde der sogenannte "Petersablass" von den Gläubigen eingetrieben.
Martin Luther kritisierte Ablasspraxis der Kirche
Der Ablass garantierte den Christenmenschen die Vergebung ihrer Sünden aus Vergangenheit und Zukunft. Auch die Sünden von Verstorbenen konnten so aufgehoben werden - schließlich sollte niemand in der Hölle schmoren. Vor der Tür seiner Kirche in Wittenberg verkaufte Johann Tetzel solche Ablassbriefe und zog sich dabei den Zorn Martin Luthers zu, der diese Praxis als unchristlich verwarf.
"Die spätmittelalterliche Kirche wollte Martin Luther keineswegs sprengen. In dieser Kirche gab es eine tiefe Reformsehnsucht."
Luther hat seine 95 Thesen nicht an die Tür der Wittenberger Kirche genagelt, um damit öffentlichen Protest zu entfachen. Er hat sie vielmehr seinen Vorgesetzten und einigen Freunden geschickt, um einen Reformprozess anzustoßen. Seine Thesen wären vielleicht im Sande verlaufen oder einfach unterdrückt worden, wenn nicht kurz vorher der Buchdruck erfunden worden wäre. Durch diese Erfindung konnten Luthers Gedanken schnell vervielfältigt und verbreitet werden.
Ihr hört in Eine Stunde History:
- Luther-Biograf Heinz Schillling schildert den Charakter des Reformators aus Wittenberg.
- Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann von der Universität Göttingen, über die Entwicklung des Christentums in den Jahrzehnten nach Luther.
- Der ehemalige Präses der Evangelischen Kirche Deutschlands, Nikolaus Schneider, über den Einfluss Luthers auf unser heutiges Leben.
- Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld über die günstigen Zeitumstände, die Luther zum Erfolg verhalfen.