Europas Raumfahrt hat große Ziele, kommt aber nur langsam voran. 2024 soll endlich die Trägerrakete Ariane 6 fliegen, an einer Raumkapsel wird gearbeitet. Angesichts des Klimawandels ist die immer populärer werdende bemannte Raumfahrt allerdings umstritten.
Europa ist im All nach wie vor nicht so erfolgreich, wie es gerne wäre. Vor allem in Sachen Trägerraketen sieht es nicht gut aus: Die neue Ariane 6 hätte eigentlich schon 2020 an den Start gehen sollen, ihr erster Flug ist nun nach mehrmaligem Verschieben für 2024 geplant. Auch bei der Erforschung des Weltraums wäre Europa gerne weiter.
Auf dem Raumfahrtgipfel in Sevilla haben die ESA-Mitgliedstaaten beraten, wie es weitergehen soll. Dirk Lorenzen ist Astrophysiker und Wissenschaftsjournalist mit dem Spezialgebiet Raumfahrt und berichtet für Deutschlandfunk Nova vom Gipfel.
Geplant: Raumkapsel und Raumschiff
Als herausragende Entscheidung nennt er, dass die ESA eine Raumkapsel entwickeln will, die Material zur Internationalen Raumstation ISS und wieder zurück zur Erde bringen kann. Vor einigen Jahren gab es eine Vorgängerin, die aber nicht zurückfliegen konnte. Die neue Kapsel soll im Idealfall sogar ausbaufähig sein und nicht nur Fracht, sondern auch Menschen ins All befördern. Und: Sie soll auch die Strecke bis zum Mond schaffen. Das ist laut Lorenzen allerdings noch Zukunftsmusik, wenn man die Probleme der ESA mit ihren Raketen betrachtet.
Ebenfalls Wunschdenken sei ein europäisches Raumschiff, wie es Esa-Chef Josef Aschbacher fordert. Doch über ein Budget dafür könne erst beim nächsten großen Esa-Treffen 2026 entschieden werden, zu dem die Ministerinnen und Minister zusammenkommen. Der aktuelle Gipfel sei hingegen nur ein Zwischentreffen. Für Menschen geeignete Raumschiffe sind extrem teuer und aufwendig. In Deutschland sieht man solche Aktivitäten laut Lorenzen ohnehin etwas kritisch. In der neuen Raumfahrtstrategie der Bundesregierung stehe nichts von bemannten Raumschiffen.
"Die Raumfahrt ist wesentlich, um nachhaltiger leben zu können."
Satellitendaten helfen uns dabei, nachhaltiger mit unserem Planeten umzugehen. Dank der Informationen aus dem All kann in der Landwirtschaft gezielter bewässert und gedüngt werden. Ernteschäden, Dürren und sogar Hochwasserlagen sind frühzeitig erkennbar. Luft- und Straßenverkehr lassen sich besser lenken und auch die Atmosphäre ist leichter zu überwachen: Satelliten können messen, wo Kohlendioxid und andere Schadstoffe frei werden.
"Kaum ein Beruf ist so klimaschädlich wie der der Astronauten."
Die Kehrseite der Medaille ist jedoch: Jeder Raketenstart schädigt die Atmosphäre. Bei Satelliten müsse man dies in gewisser Weise in Kauf nehmen, da sie durch die sehr gute Beobachtung der Erde auf den Klimawandel aufmerksam machen. Aber Lorenzen fragt sich: Braucht es Menschen da oben? Bei jedem Raketenstart würden zig Tonnen an Abgasen frei, und bei der Ausbildung flögen Astronautinnen und Astronauten ständig von einem Raumfahrtzentrum zum anderen. "Also Klimaschützer sind Astronauten definitiv nicht."
Mondträume und Mondpreise
In Sachen Weltraumforschung ruft der Mond. Nasa und Esa bauen gemeinsam das Orion-Raumschiff, mit dem Menschen um den Mond herumfliegen können. Um auch auf dem Mond landen zu können, entwickelt die Nasa eine eigene Landefähre.
Elon Musk will eine Großrakete bauen, mit der ganze Gruppenreisen zum Mond stattfinden sollen. China und Russland wollen gemeinsam eine Forschungsstation am Mondsüdpol bauen, Nasa und Esa vielleicht auch. "Ganz viele Träume" sind das, so Lorenzen. Dabei kosten Mondflüge auch Mondpreise: Sie sind enorm teuer. Viele Träume werden daher auch platzen.