Das Staatsangehörigkeitsrecht regelt, wer einen deutschen Pass bekommt. Wie sich die Voraussetzungen für eine Einbürgerung in Deutschland verändert haben, erklärt der Jurist Tarik Tabbara in seinem Vortrag.
Lange dominierte in Deutschland ein Verständnis von Staatsangehörigkeit im Sinne einer Abstammungsgemeinschaft. So galt das Reichs- und Staatsbürgerschaftsgesetz von 1913 in der Bundesrepublik noch bis zu seiner Reform im Jahr 2000.
Abstammungsgemeinschaft vs. Aktivbürgerschaft
Dem gegenüber steht das republikanisch-demokratische Staatsangehörigkeitsverständnis, hier wird Staatsangehörigkeit nicht von einem vorgegebenen Volk oder einer Kultur aus verstanden, sondern von der Aktivbürgerschaft in einer politischen Gemeinschaft, sagt Tarik Tabbara. Er ist Rechtswissenschaftler an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin. In seinem Vortrag zeichnet er nach, wie sich das Staatsangehörigkeitsrecht in Deutschland entwickelt hat.
"Im Staatsangehörigkeitsrecht finden sich – aller Reformen zum Trotz – sehr lange und nachhaltige historische Kontinuitätslinien."
Ziel eines republikanisch-demokratischen Staatsangehörigkeitsverständnisses ist es, die Lücke zwischen Wohn- und Wahlbevölkerung in Deutschland zu schließen, erklärt der Jurist. So dürfen etwa 12 Millionen in Deutschland lebende Menschen ohne deutschen Pass nicht wählen.
Das neue Staatsangehörigkeitsrecht
Die Ampel-Regierung modernisierte das Staatsangehörigkeitsrecht 2024. Das neue Gesetz hat viele Elemente eines republikanisch-demokratischen Staatsangehörigkeitsverständnisses, sagt Tarik Tabbara. So sei beispielsweise die Anerkennung von Mehrstaatlichkeit recht konsequent gelungen.
Doch Teile des Gesetzes passen nicht zu diesem offenen Staatsangehörigkeitsverständnis, erklärt der Jurist in seinem Vortrag. Zum Beispiel, dass Werte wie Frauen- und Schwulenrechte bei einer Einbürgerung abgefragt würden.
"Die Bekämpfung des Antisemitismus, Frauen- und Schwulenrechte sind zu zentralen Bestandteilen eines neuen Nationalismus geworden, insbesondere dann, wenn es um die Abgrenzung von sogenannter muslimischer Migration geht."
Tarik Tabbara ist Professor für Öffentliches Recht, insbesondere deutsches und europäisches Sicherheitsrecht, an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin und seit 2022 Mitglied im Rat für Migration.
Seinen Vortrag "Das neue Staatsangehörigkeitsrecht – republikanisch-demokratisch?" hat er am 23. Januar 2025 im Rahmen der Tagung "Das neue Migrationsrecht: Zwischen Anspruch und Realität" gehalten. Organisiert wurde die Tagung von der Refugee Law Clinic am Fachbereich Rechtswissenschaften der Justus-Liebig-Universität Gießen.