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Kalt, grau und vor allem dunkel: Wenn der Winter zuschlägt, kann das richtig aufs Gemüt gehen. Winterblues ist wissenschaftlich erklärbar. Doch was, wenn wir aus dem Tief nicht rauskommen? So wie Caro. Sie hat die Diagnose Winterdepression bekommen.

Draußen ist es so richtig grau und eklig. Es regnet vielleicht, auf jeden Fall ist es kalt und das schlimmste: Den ganzen Tag über wird es nicht richtig hell. Ein durchschnittlicher Wintertag in Deutschland eben.

Normalerweise würde Caro an einem durchschnittlichen Tag zum Lieblingssport gehen. Doch im Winter ist für Caro nichts normal. Der Winter schlägt ihr so richtig aufs Gemüt. "Im Winter erwische ich mich, dass ich oft absage, weil ich einfach nicht rauskomme", sagt sie. Im Gegensatz dazu ist sie im Sommer aktiv, erzählt sie: "Ich habe eine richtige Leichtigkeit, liebe es, draußen zu sein. mache was mit Freunden, gehe auf Konzerte." Doch im Winter schaffe sie das nicht.

Unterschiede kennen: Winterblues oder Depression?

Das, was Caro erzählt, kennen zumindest im Ansatz viele: Down-Gefühle im Winter, auch klassisch Winterblues genannt. Das Phänomen ist wissenschaftlich erklärbar. Der menschliche Körper funktioniert im Winter völlig anders als im Sommer, erklärt Dieter Kunz, Schlafforscher und Chronobiologe an der Charité Berlin. Die fehlende Sonne spiele eine große Rolle. "Serotonin, das landläufig als Glückshormon bekannt ist, wird im Winter um einen Faktor vier geringer verstoffwechselt als im Sommer", erklärt Dieter Kunz.

"Wir sind im Winter zwar nicht im Winterschlaf, aber zumindest in einer Art Energiesparmodus."
Dieter Kunz, Schlafforscher und Chronobiologe an der Charité Berlin

Im sogenannten Wintermodus sind wir Menschen antriebsloser, es fällt uns schwerer, klar zu denken und Leistung abzuliefern. Gleichzeitig gilt: Wie stark der Winterblues ausgeprägt ist, ist Typsache, ergänzt Klaus Lieb von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Mainz. Er ermuntert, sich dem Bluesgefühl nicht hinzugeben, sondern zu schauen: Was habe ich selbst in der Hand, um es mir in der Winterzeit so gemütlich und kuschelig wie möglich zu machen?

Doch dieser Ansatz hat natürlich seine Grenzen: Wenn es Richtung Depression geht, ist es Betroffenen nicht möglich, es sich "einfach ein bisschen schöner zu machen". Wo aber ist der Unterschied zwischen: "Ich habe keinen Bock, mich im Winter aufzuraffen" und einer Depression? Tatsächlich sind manche Symptome sehr ähnlich, sagt Dieter Kunz.

Umso wichtiger sei es, die Unterschiede vor Augen zu führen: Die nicht-saisonale Depression zeichnet sich in den allermeisten Fällen mit verkürztem Schlaf, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust aus. Das ist bei den saisonal-affektiven Störungen genau das Gegenteil: Wir schlafen länger und haben ein erhöhtes Bedürfnis nach Kohlenhydraten oder gerade Schokolade, weil die uns Serotonin zuführt.

"Es hat mich traurig gemacht, dass Sachen, die mir im Frühling total Spaß machen, mir im Winter gar nichts geben."
Caro, über ihre Erfahrung mit Winterdepression

Klaus Lieb fügt hinzu: Der Antriebsmangel, die Freud- und Interessenlosigkeit müssen mindestens zwei Wochen lang praktisch jeden Tag bestehen und zwar über einen längeren Zeitraum. Meistens gelten zwei Wochen als Richtwert. Wenn jedoch Treffen mit Freund*innen oder das Ausüben von Hobbys Freude bereiten, habe man wahrscheinlich eher einen Winterblues als eine Depression. Im Zweifelsfall sei es jedoch immer ratsam, sich an den Hausarzt oder die Hausärztin zu wenden.

Daneben gibt es aber auch eine sogenannte "saisonal verlaufenden Depression", eine Unterform von Depression, die verstärkt im Herbst und Winter auftreten, aber zum Frühjahr wieder vergehen. Eine solche Form der Depression hat Caro diagnostiziert bekommen, als sie sich nach dem letzten für sie harten Winter an einen Psychologen gewandt hat.

Die Therapie habe die Winterdepression nicht beseitigt, das sei auch nicht das Ziel gewesen. Aber Caro berichtet, dass sie gelernt hat, mit dieser Phase umzugehen, Warnsignale bewusster wahrzunehmen, und sie hat Tools an die Hand bekommen, um sich selbst besser durch die schwierige Zeit zu begleiten.

Abschiednehmen vom Sommer

Das fing für Caro damit an, sich gezielt auf den Winter einzustimmen und sich vom geliebten Sommer zu verbschieden: "Ich habe die letzten Sommertage ganz bewusst genossen, war im Freibad und habe versucht, meinen Speicher aufzufüllen." Bis Ende Oktober ging es Caro auch ganz gut, erzählt sie, doch dann wurde es schlimmer – vor allem an Tagen, an denen die Sonne nur eine halbe Stunde schien.

"Ich habe schon im September Angst vor dem nächsten Winter bekommen."
Caro, hat gelernt mit ihrer Winterdespression umzugehen

Wem wie Caro Dunkelheit so sehr zu schaffen macht, dem oder der rät Klaus Lieb zu einer Sonnenlichtlampe. Sie sollte mindestens 5.000 bis zu 10.000 Lux haben. Täglich sollten wir um die zwei Stunden vor ihr sitzen, das könne die Stimmung anheben.

Caro hat im Gegensatz zu den vorherigen Jahren diesen Winter vor allem eine Sache anders gemacht: "Ich gehe raus, auch wenn ich gar keinen Bock habe." Und für dieses Aufraffen wurde sie belohnt: "Nach etwas mehr als einer halben Stunde an der frischen Luft, wird meine Stimmung auch im Winter deutlich besser." Außerdem macht sie es sich so gemütlich wie möglich, hat Lichterketten aufgehängt, geht in die Therme. Im Winter für sich selbst da zu sein, sieht sie inzwischen als Übung an, sie arbeitet an ihrem Mindset und ist bereit sich professionelle Hilfe zu suchen, wenn der Leidensdruck hoch ist.

Außerdem geht in dieser Folge von Facts&Feelings um die Frage, inwiefern Vitamin D sich auf die Stimmung auswirken kann und warum es sinnvoll sein kann, am eigenen Mindset zu arbeiten.

Eine Übersicht zu Hilfsangeboten zum Thema psychische Gesundheit gibt es hier.

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Shownotes
Durchhänger im Januar
Wie kommen wir mit Winterblues klar?
vom 15. Januar 2025
Moderation: 
Caro Nieder
Gesprächspartnerin: 
Caro, hat gelernt mit ihrer Winterdespression umzugehen
Gesprächspartner: 
Klaus Lieb, Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Mainz
Gesprächspartner: 
Dieter Kunz, Schlafforscher und Chronobiologe an der Charite Berlin