Familie Rech-Heider, das sind zwei Erwachsene, drei Kinder und ein Hund. Gemeinsam brechen sie auf zu einer einjährigen Reise durch Europa. So der Plan. Aber es geht ständig etwas schief. Trotzdem eine fantastische Tour, sagt Moni Rech-Heider rückblickend.
Ein Jahr raus. Einfach die Familie einpacken und reisen. Den Wunsch haben viele, aber nur wenige setzen ihn in die Tat um. So ging es auch Moni Rech-Heider und ihrem Mann Andi lange. Bis zu dem Tag, an dem Andi zu Moni sagt: "Wir machen das jetzt." Und Moni weiß sofort, was ihr Mann damit meint. Ohne weiter darüber zu sprechen, überlegen sie - jeder für sich. Dann steht ihre Entscheidung: Ja, wir machen das jetzt.
Der Plan: Ein Jahr lang mit dem Wohnmobil durch Europa reisen. Zusammen mit ihren drei Kindern Paul (12), Fannie (10) und Liv (5) und der Golden-Retriever-Hündin Charlie.
"Unser Leben war eine Hetzjagd: Wir haben gearbeitet wie die Wilden und haben unsere Kinder total selten gesehen. Um Termine einhalten zu können, bin ich oft gelaufen."
Ein weiterer Grund für Moni und ihren Mann, die Reise mit den Kindern anzutreten: Die beherrschenden Themen in den Medien verunsichern ihre Kinder, machen ihnen sogar Angst. Im November des Jahres 2015 gibt es - beginnend mit Paris - eine Serie von Terroranschlägen in verschiedenen Teilen Europas. Berichte über Menschen, die nach Europa fliehen, gehören zu den Topthemen in den Nachrichten. Moni und ihr Mann Andi wollen ihren Kindern eine andere Sicht auf Europa und das Leben an sich ermöglichen.
"Wir müssen den Kindern zeigen, dass das Leben gut ist. Dass Europa gut ist. Dass Europa für uns unsere Heimat ist. Dass wir hier zuhause sind, und dass uns nichts passiert. Und der Plan ist tatsächlich auch aufgegangen."
Bevor die Familie im August 2017 ihre Reise antreten kann, muss viel organisiert werden. Moni und Andi, beide Freiberufler, nehmen so viele Jobs wie möglich an, um Geld für die Reise zurücklegen zu können. Um die Fixkosten zu reduzieren, suchen sie Mieter für ihr Haus.
Für die beiden schulpflichtigen Kinder brauchen sie eine Beurlaubung. Das erweist sich bis zuletzt als schwierig. Erst kurz vor knapp wird die geplante Tour durch Europa als berufliche Reise anerkannt. Unter dieser Voraussetzung gelingt es, die Kinder für ein Jahr von der Schulpflicht zu befreien.
Wohnmobil: Ein Schnäppchen reif für den Schrottplatz
Im Internet suchen Moni und Andie nach einem geeigneten Wohnmobil. Es soll ein Oldtimer sein, der so alt ist, dass sie die Aussicht haben, eine Feinstaubplakette der Kategorie H zu erhalten. So können sie auf ihrer Reise auch in die Innenstädte fahren.
Sie finden ein niederländisches Wohnmobil, mit dem sie - trotz einer umfangreichen Tüv-Prüfung - keinen einzigen Meter zurücklegen können. Der Wagen hat direkt nach Verlassen der Autowerkstatt den ersten Motorschaden. Also geht es doch erstmal im alten Bulli T3 los, den sie noch besitzen.
Die Reise geht los
Dann - endlich - kann es losgehen. Das Ziel ist Griechenland. Ihre Route führt sie über den Osten Deutschlands, Ungarn, Serbien, Montenegro und Albanien. Immer wieder machen sie zwischendurch Halt. Bleiben auf einer Farm in der ungarischen Puszta, um dort ein wenig mitzuarbeiten. Oder genießen die Landschaft in Albanien. Weihnachten verbringen sie in Griechenland.
Im Januar 2018 erleidet Monis Schwiegervater einen Schlaganfall. Die Familie bricht ihre Reise ab - und kehrt zurück nach Deutschland. Immerhin die Gelegenheit, den Bulli gegen das inzwischen reparierte Wohnmobil aus den Niederlanden einzutauschen. Im März 2018 geht es erneut los. Das Ziel diesmal: Lappland.
Aber statt bis Lappland schafft es die Familie nur bis zum Leverkusener Kreuz. Zweiter Motorschaden. Das Oldtimer-Wohnmobil steht plötzlich in Flammen. Und damit lösen sich auch die Reisepläne der Familie in Rauch auf.
"Wir wollten nach Lappland, aber wir wussten, wir können nicht mehr dorthin. Alles was wir vor hatten, war nicht mehr möglich. Da mussten wir uns wirklich berappeln und uns ein neues Ziel suchen."
Auch wenn der Frust tief sitzt: Moni und ihre Familie lassen sich nicht unterkriegen. Sie finden ein neues Ziel. Diesmal geht es nach Italien. Mitarbeiten beim Aufbau eines Freilerner-Dorfs in Kalabrien, wo die Kinder lernen können, auch ohne in einer Schule sitzen zu müssen.
Monis Fazit nach der Europa-Reise
Auch wenn vieles anders gelaufen ist als geplant: Ihren Traum, viel Zeit mit der Familie zu verbringen und das Alltagsleben hinter sich zu lassen, konnte sich die Familie erfüllen, sagt Moni. Und sie stellt fest: Die Reise hat sie verändert. Ihr und ihrem Mann ist es nicht mehr so wichtig, dass ihre Kinder einen Uni-Abschluss machen. Viel wichtiger sei es ihr jetzt, dass sie zufriedene und selbständige Menschen werden. Und: Die Reise hat sie mutiger gemacht. Heute falle es ihr leichter, solche Entscheidungen zu treffen.
Ihre Erlebnisse haben Moni und ihre Familie auf dem Blog "Auf nach Neuland" festgehalten.
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