Kaum 18 Uhr und es ist schon wieder fast völlig dunkel. Die einen genießen die Dunkelheit, die anderen trauen sich dann kaum mehr durch einen Park. Im Dunkeln Angst zu haben, ist eine natürliche Schutzreaktion, sagt Psychologin Anna-Marie Raith.
Wenn Katrin abends mit dem Fahrrad von der Arbeit nach Hause fährt, dann ist sie gut ausgerüstet: Sie trägt eine Warnweste, einen reflektierenden Überzug für den Helm und hat ein gutes Licht. Im Sommer fährt sie normalerweise immer durch den Volkspark Hasenheide in Berlin.
Im Winter ist dieser Heimweg für sie aber keine Option, denn der Weg ist nicht durchgehend beleuchtet. Sie habe Angst vor einem Hinterhalt und suche sich als Frau deshalb immer Orte, die beleuchtet und am besten auch belebt sind.
"Alleine als Frau suche ich mir die Strecken aus, wo Leben ist und wo Licht ist, wo ich immer das Gefühl habe, ich kann mich mit jemandem dann zusammentun, sollte irgendwas sein."
Mit dieser Angst ist Katrin nicht allein. Laut dem Bundeskriminalamt haben sich 2017 21,5 Prozent der Menschen in Deutschland nicht sicher gefühlt, wenn sie in ihrer Wohngegend alleine unterwegs waren - besonders Frauen.
Das BKA schrieb allerdings auch, dass die gefühlte Bedrohung dabei oft größer sei als das tatsächliche Risiko. Psychologin Anna-Marie Raith sagt: Im Dunkeln Angst zu haben, ist eine natürliche Reaktion unseres Körpers.
Dunkelheit beflügelt die Fantasie
Angst im Dunkeln zu haben, ist evolutionär bedingt, erklärt Anna-Marie Raith. Die Angst schütze uns davor, dass wir uns nicht unnötig in gefährliche Situationen begeben. Manchmal hätten wir aber deutlich mehr Angst als es der Situation angemessen ist.
"Angst schützt uns erstmal davor, uns nicht unnötig in gefährliche Situationen zu begeben. Aber manchmal kann diese Angst auch irrational sein oder unangemessen hoch."
Das liege auch daran, dass die Dunkelheit unserem Kopf ganz schön viele Streiche spielen kann und wir im Dunkeln viel stärker darüber fantasieren, was alles passieren könnte.
Sorgen tauchen nachts besonders gerne auf
Fest steht also: Die Dunkelheit macht etwas mit unseren Gedanken und unseren Gefühlen. Grundsätzlich würden wir bei Dunkelheit dazu tendieren, mehr zu grübeln oder über Sorgen nachzudenken. Vor allem in der Nacht, sagt Anna-Marie Raith.
"Es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Dunkelheit und der Dunkelheit unserer Gedanken. Wir tendieren also eher dazu uns bei Dunkelheit Sorgen zu machen oder zu grübeln."
Anna-Marie Raith empfiehlt deshalb auch denjenigen, die sich von der Dunkelheit zu sehr runtergezogen oder beängstigt fühlen, professionelle Hilfe zu suchen.
- Wenn ihr mit jemanden über eure Ängst sprechen wollt, könnt ihr die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Telefonseelsorge unter der 0800-111 0 111 oder 0800 - 111 0 222 rund um die Uhr erreichen. Auch Gespräche per Chat oder E-Mail sind möglich.
- Wer sich auf dem dunklen Heimweg sicherer fühlen möchte, der kann die Nummer des Heimwegtelefons wählen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter begleiten euch unter der Woche von 20 - 24 Uhr und am Wochenende von 20 abends Uhr bis 3 Uhr morgens.