Die Eltern eines verstorbenen Mädchens dürfen das Facebook-Profil ihrer Tochter nicht einsehen. Das hat das Kammergericht in Berlin entschieden. Das gilt auch dann, wenn der Account offiziell vererbt wurde.
Die Eltern eines vor vier Jahren verstorbenen Mädchens, wollten den Zugang zum Facebook-Profil ihrer Tochter zugesprochen bekommen, um nähere Anhaltspunkte über ihre Todesumstände zu erfahren. Das Berliner Kammergericht hat diesem Wunsch heute einen Riegel vorgeschoben.
Auslegen der Gesetze könnte noch weiter gehen
Laut dem Urteil der Richter steht der Schutz des Fernmeldegeheimnisses von Kommunikationspartnern dem Anspruch der Erben entgegen, Einblicke in die Kommunikation ihrer Tochter mit Freunden und Bekannten zu erhalten.
“Das Urteil ist eine Niederlage für alle Erben da draußen. Sie haben keine Chance mehr in E-Mail-Accounts oder Social-Media-Accounts reinzuschauen. Das sehe ich als ein Riesenproblem für die Zukunft.“
Vor zwei Jahren hatte das Landgericht in Berlin noch zu Gunsten der Eltern entschieden. Facebook hatte daraufhin Berufung eingelegt und Verstöße gegen den Datenschutz geltend gemacht. Mit dem neuen Urteil ist der Fall aber nicht zwangsläufig abgeschlossen. Er kann noch vor dem Bundesgerichtshof und unter Umständen auch beim Bundesverfassungsgericht landen.
“Nur weil mir der Verstorbene erlaubt hat, in meinen Account reinzuschauen, heißt das noch längst nicht, dass auch alle Chatpartner damit einverstanden sind.“
Die praktikabelste Lösung für die Erben nach dem heutigen Urteil ist für den Anwalt Christian Solmecke die Folgende: Ein leeres Blatt Papier nehmen und das Zugangspasswort für Facebook aufschreiben.
Dann hat der Erbe die Möglichkeit die Accounts wie der Verstorbene zu nutzen, selbst wenn dieses Vorgehen gegen die allgemeinen Geschäftsbedingungen verstößt. Aber nur, solange zum Beispiel der Zugang bei Facebook nicht durch den sogenannten Gedenkzustand unmöglich gemacht wird.
Digitales Erbe ist umfasst mehr als nur Facebook
Am besten sollten wir auf dem Blatt Papier auch die Passwörter für den Computer, verschlüsselte Archive, Tablets und Smartphones für die Nachwelt festhalten. So ist der Zugang zu lokal gespeicherten Daten auf jeden Fall gesichert.
Woran die meisten von uns nicht denken: Dem Erben gehören auch die Waren, die per Online-Handel bestellt wurden. Wird das Erbe nicht ausgeschlagen, muss man für alle Bestellungen aufkommen.
Nachlassdienste im Netz
Wer nicht weiß, wo der Tote überall digitale Konten hat, kann sich mit dem Erbschein an Nachlassverwalter im Netz wenden, wie zum Beispiel Columba. Deren Software meldet den Auftraggeber bei Banken, Versicherungen und allen Netzwerken ab, die man selber kennt.
“Wir starten eine automatische Recherche bei ca. 200 bis 250 der umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland. Und sofern die verstorbene Person Kunde war, kann dann so ein Vertrag entweder aufgelöst oder übernommen werden.“
Zusätzlich führt Columba eine Internetsuche durch und überlässt dem Erben die Entscheidung, einen Vertrag aufzulösen oder nicht.