Während der Corona-Krise sind erst mal keine neuen Reisen angesagt. Zumindest nicht in der Realität. Deshalb hat Deutschlandfunk-Nova-Game-Expertin Jana Reinhardt einige Games herausgesucht, die sich besonders gut als Urlaubsersatz anbieten.
Neue Orte kennenlernen, Sightseeing, Kultur und Natur erforschen oder Sport-Tipps – so verbringen viele von uns gerne ihren Urlaub. All das lässt sich auch in Games erleben, sagt unsere Games-Expertin Jana Reinhardt. Allerdings gibt es in den meisten Fällen ein Problem: Die wenigsten Spiele bieten wirkliche Entspannung. So stellen sich zum Beispiel bei einem Spaziergang am Strand Gegner in den Weg oder ein nerviges Interface mit Zahlen und Pfeilen erinnert uns daran, dass wir uns eben nicht im Urlaub, sondern nur in einem Game befinden, sagt Jana Reinhardt.
Games für Naturfreunde
Es gibt jedoch einige Spiele, bei denen Jana ziemlich gut abschalten kann. Wie zum Beispiel bei "The Hunter: Call of the Wild": Malerische Landschaften, wenig Menschen und viele Tiere, die man entspannt beobachten kann – klingt nach einem schönen Natururlaub. Das Spiel kann das ganz gut simulieren, sagt Jana Reinhardt. Hier spielt man einen Jäger oder eine Jägerin, die oder im amerikanischen Wald oder auch im fiktiven deutschen Wald "Hirschhausen" auf Pirsch geht.
Das Szenario sieht dabei sehr realistisch aus: die Darstellung der Natur, das Wetter, die Tiere, alles sehr echt. Auch das Jagen an sich, inklusive Spurenlesen oder sich von hinten anpirschen, erscheint realistisch.
"Das ist eine ziemlich realistische Simulation, was die Darstellung der Natur betrifft, Wetter, der Tiere, aber auch das Jagen selbst, also Spurenlesen, sich gegen den Wind anpirschen, Tiere ausnehmen."
Dabei ist die Welt so riesig, dass man erst mal kaum Tiere entdeckt. Man wird also allein auf der Suche nach Beute schon zu einem "Naturerlebnis ohne Action" gezwungen, erklärt Jana Reinhardt. Wer dann doch ein Tier auftreiben und erlegen kann, wird zum Beispiel danach bewertet, wie das Tier ausgenommen und an welcher Stelle es getroffen wurde.
Und noch ein schöner Escape-Effekt: Im Gegensatz zur Realität gibt es in der Welt von "The Hunter: Call of the wild" keine anderen "Urlauber" und keinen Müll.
Games für Backpacker
Auch wer ganz klassisch reisen will – mit Einchecken in Hotels und Roadtrips – wird fündig. Viele Open-World-Games sind mit allem ausgestattet, was wir für einen Urlaub brauchen: Hotels, Bars, Unterhaltung und auch Transportmittel.
Verzicht auf "Quick Travel"
Da jedoch das Reisen an sich in den meisten Spielen nur die Nebensache ist, gibt es die Möglichkeit des "Quick Travels". Ein Klick auf die Karte und man ist an einem neuen Ort. Darauf sollte man beim digitalen Urlaub verzichten und stattdessen mal zu Fuß von A nach B gehen und am Abend auch in ein Hotel einchecken, schlägt Jana Reinhardt vor.
"Für einen Reiseersatz musst du vor allem ein anderes Mindset entwickeln, auch hier mal einen Gang zurückschalten, auf Quick Travel verzichten und stattdessen wieder zu Fuß unterwegs sein und wenn es dunkel wird im Spiel, dann checkst du eben auch ins Hotel ein."
Fantasywelt "Outward"
Ein Beispiel für digitales Backpacking: das Fantasygame "Outward", das sich auch im Splitscreen gemeinsam spielen lässt. Gamer sind dabei als Abenteurer in einer Fantasywelt unterwegs. Wenn es zum Kampf kommt, müssen sie erst mal den Rucksack absetzen und nachts gilt es, das eigene Zelt aufzubauen. Auch Kartenlesen ist ein wichtiger Skill in diesem Game.
Backpacken mit Kampfeinlagen
Ganz erholsam ist der Urlaub jedoch nicht, denn gerade bei "Outward" ist der Kampf sehr herausfordernd, sagt Jana Reinhardt. Auch die Fantasywelt "Skyrim" eignet sich grundsätzlich gut zum Reisen mit dem Pferd, man sollte sich nur darauf einstellen, dass Drachen bei der Entspannung stören können.
Da kommt "Zelda: Breath of the wild" schon eher infrage. In diesem Game lässt sich jeder Zentimeter einer Karte erklettern. Wenn es regnet, dann rutscht man als Gamerin auch gerne mal von einer Felswand ab – wie im echten Kletterurlaub eben auch.
Stadtviertel im Shooter entdecken
Auch, wer einen Städteurlaub plant, kann mit Games glücklich werden. Viele Titel, vor allem aus dem Shooter-Genre, bilden mittlerweile Städte so akkurat nach, dass sich wichtige Gebäude im Spiel wiedererkennen lassen oder sich Spielerinnen mit der Zeit in ganzen Stadtvierteln auskennen. Ein Beispiel dafür: "Tom Clancy’s The Division". Es spielt in New York oder im zweiten Teil in Washington und Jana dachte beim Spielen sofort: Cool, New York, da wollte ich gerne mal wieder hin."
Das Problem mit Shootern: Es herrscht selten Urlaubsstimmung. Bei "The Division" geht es um ein Szenario, das erschreckend an unsere aktuelle Corona-Krise erinnert. Ihr seid Teil einer freiwilligen Helfergruppe, die bewaffnet wird und dann Lebensmittel und Medikamente sichert, während ein Gegenmittel gegen eine Seuche entwickelt wird, die New York komplett lahmgelegt hat.
Auch wenn es seltsam klingt: Genau diese Ausgangslage erlaubt entspannte Stadtbesichtigungen, weil es fast nur dann zu Schusswechseln kommt, wenn wir eine Aufgabe aktivieren. Den Beweis tritt das Projekt "Operation Jane Walk" an. Eine Art Kunstaktionen, bei der vier Spieler diesen Shooter besichtigt haben, als wären sie wirklich in New York unterwegs, um sich Architektur anzusehen. Wer also schon mal in New York war, kann drei Freunde einladen und zusammen durch eine verschneite, postapokalyptisch angehauchte Metropole spazieren und sich gegenseitig etwas über die Stadt erzählen.
"Ich hab vor allem jetzt Lust auf richtigen Urlaub."
Wer eher weniger auf zerstörte Städte steht, sollte "Watch Dogs 2" ausprobieren. Es erinnert an "Grand Theft Auto", mit dem Unterschied, dass ihr hier Hacker spielt, die nahezu alles manipulieren können: Handys, Ampeln oder Fahrzeuge. "Watch Dogs 2" lässt euch die San Francisco Bay Area erleben und ist unfassbar detailgetreu.
Dank der völligen Bewegungsfreiheit, können Spielerinnen zum Beispiel Trip Advisor anwerfen und dann wirklich die Top Spots aus der Realität im Spiel anlaufen, also Alcatraz, die Golden Gate Bridge oder den Oracle Park, der im Spiel wegen Lizenzrechten Nudle Park heißt.
Klettern in Thailand
Städtereisen funktionieren mit einigen Einschränkungen in der Spielwelt also ziemlich gut. Bleibt noch ein letztes großes Themenfeld: Sport. Hier schlägt die große Stunde der Virtual Reality. Mittlerweile gibt es viele Sportarten, die sich jenseits der Couch meist im virtuellen Trainingsraum nachempfinden lassen. Boxen, Ski fahren, Tischtennis oder Klettern, wie zum Beispiel in "The Climb". Spielerinnen haben hier die Auswahl zwischen verschiedenen Kletterregionen wie den Alpen oder einer Küstenregion in Thailand.
Das Spiel fängt unglaublich gut die Atmosphäre, die Sounds und die Kulisse ein, sagt Jana. Das Ergebnis sei auch sehr raumgreifend. Trotzdem fühle sich das Ganze nicht wie Klettern an. Jana gibt zu: In der Realität können sie kaum ihr eigenes Gewicht nach oben ziehen - bei "The Climb" springt sie mühelos von einem Abhang zum anderen und Höhenangst existiert auch nicht.
Das Gehirn mit neuen Ideen füttern
Das Fazit: Jana war virtuell Wandern, Zelten, hat Sightseeing-Touren in New York und San Francisco gemacht und ist in Thailand geklettert - und jetzt hat sie vor allem eines: Lust auf richtigen Urlaub. Bis das wieder möglich ist, konnte sie immerhin ihr Gehirn mit neuen Ideen füttern und sich ein bisschen ablenken. Was sie vor allem fasziniert hat: Games lassen sich auf unterschiedliche Arten spielen. Wer keine Lust hat, Highscores nachzujagen, Quest zu erledigen oder Gegner schnetzeln, kann das Ganze auch ignorieren und sich eigene Aufgaben suchen. Dann bieten Spiele eine richtig spannende zweite Ebene, sagt Jana. Das lässt uns ein bisschen runterkommen – und kommt so einem Kurzurlaub schon ziemlich nahe.