Viele Frauen erhalten Penisbilder - ungefragt und oft von Fremden. Das ist kein Dirty Talk oder Sexting, sondern es geht dabei um die Ausübung von Macht.
"Berufung als unbegründet abgelehnt", entschied heute das Landgericht in einem "Dick Pic"-Fall: Im Juli 2018 hatte das Amtsgericht Rostock einen Mann wegen Verbreitung pornografischer Inhalte zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt. Er hatte einer Frau via Facebook ungefragt ein Penisbild geschickt. In der Berufung führte er an, dass berücksichtigt werden solle, dass er sich für das Zusenden der Bilder entschuldigt habe.
Entblößung als Erregung
Das Rostocker Gericht bestätigte das vorige Urteil. Unklar blieben die Beweggründe des Mannes, der ihm nicht persönlich bekannten Frau ein Bild von seinem Genital zu schicken.
Warum tun Männer das? Selten ist dieses Phänomen jedenfalls nicht. Und es sollte auch nicht mit einem einvernehmlichen Sexting verwechselt werden. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsunternehmens Yougov von 2018 haben 22 Prozent der Millenials schon mal ungefragt ein Dick Pic verschickt.
Sandra Schwark, Expertin für sexualisierte Gewalt und Medienpsychologie an der Uni Bielefeld, sagt: Zum einen gebe es Exhibitionisten, die tatsächlich die Entblößung als Erregung erleben. Zum anderen gehe für viele Männer um die bewussten Ausübung von Macht.
"Das ist so was wie: Hey, guck mal, was ich machen kann, ohne, dass es für mich irgendwelche Konsequenzen hat."
Fast die Hälfte der befragten Frauen zwischen Anfang 20 und Ende 30 haben in derselben YouGov-Studie angegeben, schon einmal Dick Pics bekommen zu haben. Die Reaktionen darauf können sehr unterschiedlich sein: Zwischen Wut, Ekel, Belustigung (etwa wenn man Freunden zusammensitzt) - nicht alle Frauen aber ergreifen weitere Maßnahmen wie Blockieren oder Melden des Absenders beim Social-Media-Netzwerk. Manche erstatten Anzeige.
Wut, Belustigung, Trauma
Ungewöhnlich sind eher die Reaktionen der Frauen, die die Mütter der Täter ausfindig gemacht haben und ihnen zeigten, was ihre Söhne so im Netz verschicken.
Bei den Dick Pics handelt es sich um Bilder, die ungefragt - oft an unbekannte Frauen - geschickt wurden. Gesetzlich ist das ein Grenzübertritt. Menschen, die Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt gemacht hat, kann ein Penisfoto re-traumatisieren.
"Insgesamt gibt es natürlich nicht die eine Reaktion. Wenn man so etwas privat für sich behält und das einfach löscht, führt das natürlich dazu, dass letztlich keine Konsequenzen entstehen für den Täter und keine Aufmerksamkeit auf das strukturelle Problem gelenkt wird."
Sandra Schwark sagt, es sei wichtig, dass Frauen ernst genommen werden sollen, Reaktionen wie "Lösch das doch einfach" könnten problematisch sein. "Ich könnte mir auch vorstellen, dass das häufig nicht ernst genommen wird. Weil sexuelle Belästigung generell gesellschaftlich nicht ernst genommen wird."
Die Rostocker Staatsanwaltschaft betonte, dass es sich hier um eine Straftat handele und Straftaten im Internet konsequent verfolgt würden. Die Klägerin erklärte nach dem dem Urteil: "Sie können sich wehren. Dafür haben wir ein Gesetz, das erfolgreich angewendet werden kann."
Update, 25.09.2019, 15 Uhr:
In einer früheren Version hieß es, ein Mann sei wegen "sexueller Belästigung" verurteilt worden. Richtig ist: Er ist wegen der "Verbreitung pornografischer Inhalte" verurteilt worden.
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