Serien gucken, Podcasts hören, kochen – und zocken. Die Corona-Pandemie hat den Verkauf von Games nochmal befeuert. Das Problem: Deutsche Spielehersteller profitieren von diesem Aufschwung bisher nicht.
Der Branchenverband Game vergibt am 13. April 2021 zusammen mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) den Deutschen Computerspielpreis. Ausgezeichnet werden Spiele, die mindestens zu 80 Prozent in Deutschland entwickelt oder hergestellt wurden.
Pro Jahr werden weltweit mehr als 3,4 Milliarden Euro Umsatz mit Computer- und Videospielen gemacht – Tendenz steigend. "Call of Duty" zum Beispiel hat sich 2020 allein im November 5,7 Millionen Mal verkauft und damit einen neuen Rekord für monatliche Verkäufe aufgestellt. Der Marktanteil für Spiele aus Deutschland liegt dabei bei unter fünf Prozent. In den vergangenen Jahren ist er gefallen beziehungsweise stagniert. Die heimische Games-Industrie kann also in der aktuellen Corona-Situation scheinbar nicht profitieren.
Deutschland lange "Entwicklungsland" bei Games
Einer der Hauptgründe: In Deutschland werden praktisch keine so genannten AAA-Games hergestellt. Diese Spiele-Blockbuster sorgen bei den anderen Firmen für die fetten Gewinne. Was die Produktionsbedingungen für Games angeht, war Deutschland lange Entwicklungsland, sagt Björn Bartholdy vom Cologne Game Lab (CGL). Er bildet an der TH Köln Spieleentwicklerinnen und Spieleentwickler aus.
"Bei den Produktionsbedingungen für Games hinken wir in Deutschland mindestens ein Jahrzehnt hinterher."
Die Bundesregierung hat das Problem zwar erkannt, die Games-Industrie zu einer der Schlüsselindustrien des 21. Jahrhunderts erklärt und eine staatliche Computerspielförderung aufgelegt. Die erforderlichen Schritte kamen aber erst in den letzten Jahren – zu spät. Die USA, Kanada, aber auch Frankreich oder Großbritannien machen das schon viel länger, sagt Björn Bartholdy. Die Produktionsbedingungen dort seien eindeutig besser, Deutschland hinke mindestens ein Jahrzehnt hinterher. Bei uns würden Games offiziell immer noch als Software verstanden: Die Subventionen kommen vom BMVI und nicht – wie etwa in der Filmbranche – von der Staatsministerin für Kultur und Medien. Dieses Grundverständnis sei ein Problem.
Andere ökonomische Möglichkeiten im Ausland
Zudem gebe es in anderen Ländern die Möglichkeit für Spieleentwickler, entsprechende Steuerermäßigungen zu bekommen. Kanada beispielsweise belohne die Entwickler für jeden Arbeitsplatz, die sie in der Spieleindustrie schaffen. Dadurch sei – gerade für die Triple-A-Titel – ein ganz anderes Klima und andere ökonomische Möglichkeiten geschaffen worden als in Deutschland. Es geht um Spiele, die vergleichbar sind mit Hollywood-Blockbustern, bei denen also schon mal ein paar hundert Millionen Euro in die Hand genommen werden.
"Wie bei Hollywood-Blockbustern werden für manche AAA-Spiele schon mal ein paar hundert Millionen Euro in die Hand genommen."
Bei einzelnen Spieletiteln steigen die Entwicklungskosten teilweise in Höhen von 200 oder 300 Millionen Euro. Für die Entwicklung solcher Spiele ist eine große Anzahl an Mitarbeitern nötig. Das können deutsche Firmen bisher nicht stemmen. Die deutschen Fördermittel kommen zunächst kleineren Entwickler-Studios zu Gute und werden in absehbarer Zeit vermutlich nicht zu großen neuen Spieletiteln führen. Point-and-Click-Adventures würden oft "als urdeutsches Spiele-Genre verstanden", sagt Björn Bartholdy. Und im Bereich Independent Games habe sich in den letzten Jahren ebenfalls einiges getan.
Langfristige Förderwirkung noch unklar
Inwiefern die noch relativ junge Förderinitiative die Branche langfristig pushen kann, müsse sich noch zeigen. Der Branchenverband habe sich über Jahre ins Zeug gelegt, damit die Förderung des Bundes überhaupt dauerhaft stattfindet. Im Moment kämpften kleine Entwicklerstudio auch mit dem Bewilligungsprozess. Es gehe um die Frage des Eigenanteils – also wie viel Geld ein Studio mitbringen muss, um überhaupt in den Genuss einer Förderung zu kommen.
Am besten wäre es, wenn Deutschland beides hätte, sagt Björn Bartholdy: große AAA-Entwicklerstudios und eine kleinere vitale Independence-Bewegung. Ähnlich wie beim Film hätten die kleineren Spiele auch erst mal kleinere Produktionsbudgets. Sie seien aber inhaltlich und gestalterisch innovativer und probierten neue Sachen aus.