Shugaa Nashwan ist Judoka und gehört zum deutschen Paralympics-Team. Drei Wochen lang besuchte der 22-Jährige seine Familie im Jemen, ein Land geprägt von Hunger und Gewalt. Trotzdem: Shugaa Nashwan stellt in der Hauptstadt Sanaa, die unter der Kontrolle der Huthi-Rebellen steht, eine Art Mini-Olympiade für Judo auf die Beine.
Als Shugaa Nashwan das letzte Mal den Jemen besuchte, herrschte dort noch kein Krieg. Er ist dort geboren und als kleiner Junge mit Teilen seiner Familie nach Deutschland gekommen. Der 22-Jährige ist blind und gehört zum deutschen Paralympics-Team. 2021 wird er in Tokio dabei sein.
Vorher reist er – nach sieben Jahren – gemeinsam mit seinem Vater wieder nach Sanaa, in die Hauptstadt des Jemens.
Im Jemen herrscht derzeit die größte humanitäre Katastrophe weltweit, so die Vereinten Nationen. 2014 nahmen Huthi-Rebellen die Hauptstadt Sanaa ein, andere Regionen hatten sie schon unter Kontrolle. Seitdem tobt ein gewaltsamer Konflikt mit internationaler Beteiligung um Macht und Ressourcen. Ein Ende ist nicht in Sicht. Hunger, Armut und Krieg prägen den Alltag der Menschen im Jemen. Es gehe allein ums Überleben, so Shugaa Nashwan.
"Im Jemen versucht man kollektiv zu verdrängen, weil die Situation gerade so schlimm ist."
Shugaa Nashwan musste zunächst in die Hafenstadt Aden fliegen und dann quer durchs Land nach Sanaa fahren. Ihr Fahrer hat einen Beutel mit Geldscheinen neben sich stehen. Es ist Schmiergeld, das notwendig ist, um sich im Land zu bewegen. "Das Geld geht dann an bewaffnete Männer, die für das Leid im Land mitverantwortlich sind", sagt Shugaa Nashwan. Es ist nicht der einzige Widerspruch, mit dem der Judoka während seiner Reise klar kommen muss.
Die Jemeniten kämpfen ums Überleben
Seine Familie in Sanaa begegnete ihm mit viel Liebe und Herzlichkeit. Aber zugleich war die Sorge groß, dass er gekidnappt werden könnte, um Geld zu erpressen. Sanaa ist unter der Kontrolle der Huthi-Rebellen. In den Moscheen werde Kriegspropaganda verbreitet, so der Judoka.
"Waffen sind omnipräsent. Es herrscht eine dauerhafte Angst."
Doch die Menschen in Sanaa seien bewundernswert, so Shugaa Nashwan. "Sie leben trotzdem." Ihre alltäglichen Mühen und ihre Hoffnungen will Shugaa unterstützen.
Er stellt ein Miniformat der Olympischen Spiele für Kinder für Judo auf die Beine – und zwar gemeinsam mit dem jemenitischen Judoka Ali Khousrof. Es gab viele Schwierigkeiten, die sie bewältigen mussten. Aber es gelang.
"Wir wollten zeigen, dass wir für den Frieden kämpfen. Und zwar ohne Waffen. Judo ist der sanfte Weg."
Für Shugaa Nashwan ist es der Anfang. Er will sich weiter engagieren, auch um Aufmerksamkeit für den Jemen zu schaffen. Damit das Land und der anhaltende Krieg nicht vergessen werden.