Sie heißen "Fitbit", "Vivofit" oder "Smartband": Fitnessbänder liegen voll im Trend. Sie messen Herzschlag, Kalorienverbrauch oder Blutdruck ihrer Träger. Solche Daten sind auch für die Krankenkassen interessant. Ärzte warnen davor, sich bei der Gesundheit zu sehr auf die gemessenen Werte zu verlassen.
Sogenannte Fitnessarmbänder gehen derzeit weg, wie warme Semmeln. Einmal umgeschnallt, messen sie eine Vielzahl an Daten, die über den Fitnesszustand ihrer Träger Auskunft geben: Bewegungsprofile, Laufstrecke aber auch Herzschlag, Pulsfrequenz, Kalorienverbrauch oder Blutdruck. Mit einer App lassen sie sich einfach auslesen und auswerten.
Fitnessbänder: ein Geschäftsmodell für Krankenkassen
Das Problem: Über Fitnessbänder kommen Krankenkassen leicht an die sensiblen Gesundheitsdaten der Versicherten. Die AOK-Nordost hat kürzlich einen Vertrag mit einer Online-Fitnessplattform aus der Schweiz geschlossen, an die Versicherte ihre Daten übermitteln können und einen sogenannten "Health Score" errechnet bekommen, einen Index für die Gesundheit, der zwischen einem und 1000 Punkten liegt.
Das erklärte Ziel der AOK-Nordost ist es, Versicherte auf diesem Weg zu mehr Gesundheitsbewusstsein zu motivieren. Doch es steckt mehr dahinter: Kassen wollen sich ein modernes Image verpassen, junge Kunden binden und vor allem Kosten senken: Je gesünder ein Versicherter lebt, desto weniger belastet er das Budget. Nach Aussagen der AOK ist tatsächlich denkbar, dass Menschen, die regelmäßig ihren Health Score erheben, auch in den Genuss eines solchen Bonus kommen.
Grundsätzlich stellt sich bei solchen Modellen die Frage nach dem Datenschutz. Auch wenn die AOK versichert, keine personenbezogenen Daten zu erheben, lehrt uns die Vergangenheit, vorsichtig mit persönlichen Daten zu sein.
Kritik kommt von den Ärzten
Menschen zu mehr Bewegung zu motivieren, sei grundsätzlich nicht verkehrt. Dennoch kritisieren Ärzte die Technikabhängigkeit solcher Messysteme und Programme. Man verlasse sich lieber auf den zahlenmäßig erfassten Blutdruck, während das Vertrauen in das Gefühl für den eigenen Körper verloren gehe, sagt Andreas Sönnichsen, Leiter des Instituts für Allgemein- und Familienmedizin der Universität Witten-Herdecke. Auch bestehe die Gefahr, dass solche Werte mehr verrückt machen, als zu helfen. So ist es beispielsweise fraglich, ob Menschen mit chronischen Schlafproblemen besser schlafen können, wenn sie ohren Rhythmus mit einem für sie errechneten Schlafprofil vergleichen.
Zahlen sind zweifelhafte Indikatoren für die Gesundheit
Zwar sei Bewegung immer gut, aber einen Gesundheitswert aus einer Mischung aus verbrannten Kalorien, Pulswerten und Einschlafzeiten zu errechnen, halten Ärzte wie Andreas Sönnichsen für sehr gewagt. Schließlich gebe es überhaupt keine wissenschaftlichen Studien, die zeigten, dass diese Zahlen ein Indikator für die Gesundheit seien. Es sollten Menschen und nicht Messwerte behandelt werden.
Auch zu den möglichen Bonusprogrammen der Krankenkassen hat der Arzt eine eindeutige Meinung: "In dem Moment, wo die Krankenkassen tatsächlich ein Programm nutzen, um einen vergünstigten Tarif anzubieten, ist Schluss. Das ist mit unserem Solidarsystem überhaupt nicht verträglich und verstößt auch gegen jegliches Demokratieverständnis und Selbstbestimmungsrecht".