Wie politischer Druck auf Medienhäuser wirkt, hat zuletzt der Fall des BBC-Journalisten Garry Lineker in Großbritannien gezeigt. Auch in Westeuropa müssen wir viel mehr für Pressefreiheit einstehen, sagt Susanne Fengler, Professorin für internationalen Journalismus.
Garry Lineker, Ex-Fußballprofi und Starmoderator in der beliebtesten Fußballsendung Großbritanniens "Match of the Day" ist wieder zurück auf Sendung. Seine vorläufige Suspendierung hat der BBC viel Kritik eingebracht.
Der Moderator hatte auf Twitter die britische Regierung für ihre Asylpolitik kritisiert – die BBC ließ Lineker daraufhin nicht mehr auf den Bildschirm. Doch der öffentliche Protest wurde so groß, dass die BBC ihre Entscheidung zurücknahm.
"Überrascht hat mich dieser Fall nicht, weil wir ja quer durch Europa sehen, welche starken Emotionen das Thema Migration hervorruft."
Wenn wir über politische Einflussnahme auf Medien in Europa sprechen, dann denken wir vielleicht zunächst an Länder in Mittel- oder Osteuropa – dort werde das immer sichtbarer, sagt Susanne Fengler. Ungarn oder Polen seien prominente Beispiele. Dort wurden Journalisten bei ihrer Arbeit behindert oder verloren ihre Jobs, die Politik versuche, die Pressefreiheit einzuschränken.
Spanische Regierung besetzt Chefposten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Aber sie sagt auch: "Es ist nicht so, dass Westeuropa da so viel besser wegkommen würde." Auch Österreich oder Spanien seien beispielsweise Länder, in denen die Politik ganz unmittelbar auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk durchschlage. In Spanien etwa lege die Regierung auch die Höhe der Rundfunkgebühren fest.
"Gerade in Südeuropa ist es oft so, dass die Chefredakteure [öffentlich-rechtlicher Medienanstalten, Anm. der Redaktion] von der Regierung bestimmt werden."
Dabei hätten wir doch durch die Kopenhagener Verträge sehr klare Vorgaben zur Meinungsfreiheit im Rahmen der EU, so die Journalistik-Professorin. Oft würden sich Kollegen in Osteuropa wünschen, die EU-Kommission würde härter einschreiten, wenn die Rundfunk- und Pressefreiheit in den Mitgliedsstaaten verletzt wird, berichtet Susanne Fengler.
"Wir haben uns auch in Westeuropa, glaube ich, zu lange zu wenig an die eigene Nase gefasst."
Susanne Fengler meint, dass auf europäischer Ebene viel zu oft abgewogen werde, also ein "Trade-off" stattfinde, zwischen den unterschiedlichen Bereichen, in denen man sich Veränderungen wünscht. Man verlange beispielsweise von einem Land Verbesserungen, die die Rechtsstaatlichkeit betreffen, "dafür lässt man es bei den Medien laufen", so ihre Vermutung. Für die Medienschaffenden in den betroffenen Ländern sei das schwierig.
"Es ist nicht die Frage einer politische Couleur, ob ein Verständnis von Rundfunk- oder Pressefreiheit vorhanden ist, sondern eher des grundsätzlichen Umgangs zwischen Medien und Politik."
Generell, so betont die Journalistik-Professorin, seien es aber nicht nur rechte oder rechtspopulistische Regierungen, die Einfluss auf die Medien ausübten. In der Vergangenheit beispielsweise hätten gerade in Südeuropa auch linksliberale Regierungen die Medien zu steuern versucht. "Es ist nicht so, dass linke Regierungen automatisch eine andere Haltung dazu hätten."
Die Grundfrage laute: Akzeptiert die Politik, dass die Medien unabhängig sind, oder betrachtet sie diese als Teil des politischen Spiels? Für eine funktionierende Demokratie seien unabhängige Medien unerlässlich, sagt Susanne Fengler. Und darum sei es auch nötig, dass wir nicht nachlassen und uns weiterhin für Pressefreiheit einsetzen, so ihr Appell.