Antidepressiva fangen oft erst nach Wochen an, zu wirken. Das soll mit einem neuen Medikament auf der Basis von Ketamin anders sein. Das Mittel wird per Nasenspray angewendet. Die amerikanische Zulassungsbehörde hat am Mittwoch (06. März 2019) den Zuschlag für den Markteintritt gegeben. Noch in diesem Jahr könne "Esketamin" auch in der EU zugelassen werden. Wir sprechen mit dem Neurowissenschaftler Joachim Bauer über das neue Medikament. Er sieht es eher kritisch.
Ketamin ist eigentlich ein medizinischer Wirkstoff, der in der Narkosemedizin verwendet wird. Er wird vor allem für Kurznarkosen eingesetzt. Der Wirkstoff macht schmerzunempfindlich, in einer höheren Dosis betäubt er, sodass Ärzte Kurzoperationen machen können, ohne dass Patienten etwas davon mitbekommen. Einmal im Körper, hat der Stoff aber auch psychologische Nebenwirkungen – zum Beispiel Halluzinationen und das Gefühl, sich losgelöst vom eigenen Körper zu fühlen.
"Das nennt man Dissoziationen, also wenn man das Gefühl hat, man verlässt den eigenen Körper."
Joachim Bauer ist Neurowissenschaftler und Psychotherapeut. Er beschreibt, dass manche Menschen sich nach der Einnahme von Ketamin auch wie in einem Tunnel fühlen, an dessen Ende helles Licht zu sehen ist. Der Arzt beschreibt das als Nahtoderfahrungen. Wegen dieser Wirkungen von Ketamin wird der Stoff auch als Partydroge eingenommen.
"Und das ist der Kick, nach dem die, die diese Droge nehmen, suchen."
Ketamin hat also ziemlich starke Nebenwirkungen – eine zu hohe Dosis kann sogar zum Atemstillstand führen. "Das ist durchaus lebensgefährlich, wenn man das nicht richtig dosiert", sagt Joachim Bauer und rät davon ab, es als Partydroge zu nehmen. Außerdem wisse man auch nicht, mit welchen anderen Substanzen das Ketamin dann vermischt sei.
Ketamin wirkt auf Botenstoffe im Gehirn
Ketamin soll jetzt in den USA auch bei Patientinnen und Patienten eingesetzt werden, die unter schweren Depressionen leiden. Das Medikament hat dort gerade die Zulassung für den Markt bekommen. In der EU könnte es auch bald so weit sein. Denn das Ketamin wirkt sich auf die Neurotransmitter aus, auf die Botenstoffe mit denen die Nervenzellen im Gehirn Botschaften austauschen. Der Stoff wirkt sich vor allem auf Dopamin, Noradrenalin und Serotonin aus. Botenstoffe, die bei Depressionen eine Rolle spielen.
"Die Therapie Nummer eins bei der Depression ist die Psychotherapie, also die nicht-medikamentöse Therapie. Medikamente geben wir nur dann, wenn die Depression sehr schwer ausgeprägt ist."
Joachim Bauer ist jedoch der Meinung, dass es andere Mittel gibt, die bei Depressionen viel besser wirken. Er rät auch davon ab, Ketamin bei Depressionen zu nehmen: "Wegen der großen Nebenwirkungen ist es nicht das richtige Mittel bei Depressionen."
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