Der Bundestag ist kein Abbild der Gesellschaft. Besserverdienende und Männer sind überproportional vertreten. Wie das die politischen Entscheidungen beeinflusst, erklärt Politikwissenschaftler Armin Schäfer in seinem Vortrag.
Wir leben in einer repräsentativen Demokratie. Repräsentation bedeutet, etwas, das nicht da ist, soll wieder hergestellt werden. Die Parlamente sollen also etwas anwesend machen, das nicht da ist: die Bevölkerung. In seinem Vortrag erklärt der Politikwissenschaftler Armin Schäfer, wie gut dieser Prozess in Deutschland funktioniert.
"Der Bundestag ist weder in seiner Zusammensetzung noch in den dort vertretenen Anschauungen ein Spiegelbild der Gesellschaft."
Die zentrale Frage ist: Muss der Bundestag ein Abbild der Gesellschaft sein, um diese gut repräsentieren zu können? Es lässt sich empirisch feststellen, dass die Präferenzen von Gruppen, die weniger im Bundestag vertreten sind, auch seltener umgesetzt werden, sagt Armin Schäfer.
"Gruppen, die über mehr Ressourcen verfügen, sind überproportional im Bundestag vertreten und ihre Präferenzen werden auch überproportional umgesetzt."
85 bis 90 Prozent der Abgeordneten in Deutschland studieren oder haben ein abgeschlossenes Studium, erklärt der Politikwissenschaftler, nur sechs Prozent sind Arbeiter. "Die Präferenzen von Arbeiterinnen und Arbeitern haben überhaupt gar keinen Einfluss auf die politischen Entscheidungen des Bundestags," sagt Armin Schäfer. Dagegen haben Themen von Unternehmen oder Beamten einen deutlich engeren Zusammenhang mit den tatsächlich getroffenen Entscheidungen.
Die Interessen von Männern werden stärker umgesetzt
Auch beim Geschlecht lässt sich eine Verzerrung beobachten. "Die Präferenzen von Männern schlagen sich stärker in den Entscheidungen des Parlaments nieder als die von Frauen", sagt der Politikwissenschaftler. Kein Wunder: Im Bundestag sitzen zu 65 Prozent Männer. Welche Möglichkeiten es gibt, diese Verzerrungen zu beseitigen, das diskutiert Armin Schäfer in seinem Vortrag.
"Die Präferenzen von Arbeiterinnen und Arbeitern haben überhaupt gar keinen Einfluss auf die politischen Entscheidungen des Bundestags."
Armin Schäfer ist Politikwissenschaftler an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Sein Vortrag hat den Titel »Vertreter des ganzen Volkes? Über Repräsentativität und Repräsentation«. Er hat ihn am 17. April 2024 im Rahmen der Ringvorlesung „It’s representation, stupid?! Das Gleichheitsversprechen in modernen politischen Demokratien“.
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