Vier "spielerische" Gespräche: Eins zum Brettspielgeschäft und der Liebe zum Spiel, eins zur DIY-Spielkultur der DDR, eines zur Pädagogik des Lernens und eines zur Selbstüberlistung – mit der Ladeninhaberin Nadine Pick, dem Sammler und Gamedesigner Michael Geithner, der Erziehungswissenschaftlerin Andrea Schmid und dem Wirtschaftswissenschaftler Christian Rieck.
Die Zahl der Spiele, die Nadine Pick in ihrem Geschäft hat, ist durchaus sportlich: 25.000 unterschiedliche Titel sollten es schon sein, schätzt sie. Insgesamt etwa 50.000 Spiele seien es zur Weihnachtszeit in ihrem Kölner Laden – der treffend "Spielbrett" heißt.
"Wir versuchen, jeden Tag ein kleines, neues Spiel auszuprobieren."
Etwa ein Viertel der Neuerscheinungen versucht sie, zumindest einmal anzuspielen. Damit ein Spiel auch ins Sortiment kommt, muss es mindestens eine mitarbeitende Person im Laden auch wirklich gut finden. "Man kann nur ein Spiel verkaufen, von dem mindestens einer überzeugt ist", sagt sie.
Selbstgebaute Spiele aus der DDR
Nein, Monopoly war in der DDR nicht verboten. Es war nur einfach ziemlich selten, erklärt Michael Geithner. Also wurde das Spiel fleißig und häufig nachgebaut. Überhaupt wurden in der DDR einige Spiele selbst gebastelt. Michael Geithner, der heute in der Spielebranche arbeitet, sammelt diese selbstgebauten Spiele.
Ob "Hase und Igel", "Sagaland" oder "Heimlich und Co.": Das in der Bundesrepublik ausgewählte Spiel des Jahres hatte eine Wirkung über die Grenze hinaus. Der Variantenreichtum der selbstgebauten Spiele interessiert Michael Geithner sehr – denn dort findet sich die individuelle Geschichte der Nachbauenden, ihre familienspezifische und die DDR-spezifische Geschichte.
Sie erzählt sich beispielsweise über Ereigniskarten beim Monopoly und ähnliche Leerstellen, die beim Nachbauen gefüllt werden mussten.
"Das Spielen ist schon eher eine verpflichtende Angelegenheit, auch wenn ich von meiner eigenen Familie umgeben bin."
Für ihn selbst ist das Spielen zu einer schönen Pflicht geworden. Mit dem Gegenüber ins Gespräch zu kommen, ist das, was er daran besonders mag, sagt Michael Geithner.
Ein Spiel: Lernen ohne Ende
Spielen kann auch mit Blick auf seine Wirkung und seinen Nutzen betrachtet werden. Freies Spielen, soziales Lernen und symbolisches Lernen: Andrea Schmid nennt unter anderem diese drei verschiedenen Phasen des Lernens. "Das Lernen hört eigentlich nie auf", sagt sie. Andrea Schmid lehrt Erziehungswissenschaften an der Universität Erfurt.
Grundsätzlich sei das Spielen – im Optimalfall – den sensiblen Phasen der Kindheit angepasst. Dabei folgt das menschliche Lernen einem gewissen Ablauf, der in der Entwicklungspsychologie und der Hirnforschung verallgemeinernd untersucht und fortgeschrieben wird.
"Wenn ich für ein Thema brenne, ist es immer gut, wenn ich spielerisch herangehe."
Das spielende Lernen ist dabei nicht auf Kinder und Jugendliche beschränkt. Auch im Erwachsenenalter lässt sich die eigene Lernfähigkeit spielerisch besonders gut aktivieren. "Immer wenn so ein Flow-Effekt bemerkbar ist, kann man sagen: Das ist auch Spiel", findet Andrea Schmid.
Spieltheorie: Der Trick mit dem Flow
Zu diesem Flow-Effekt passt gut das Konzept von Selbstüberlistungstechniken, das den Wirtschaftswissenschaftler Christian Rieck beschäftigt. Er hat ein Grundlagenbuch zur Spieltheorie verfasst und erklärt einzelne Phänomene auf Youtube. Christian Rieck lehrt Finanzwesen an der Frankfurt University of Applied Sciences.
"Das kollektive Optimum muss nicht das Gleiche sein wie das individuelle Optimum."
Die Spieltheorie beschreibt er als eine mathematische Theorie über Entscheidungen. Historisch sei sie als Ergänzung zur Wahrscheinlichkeitsrechnung hinzugekommen. Im Kern der Spieltheorie steht für ihn der Gedanke, dass lokales oder individuelles Optimieren nicht zu einem globalen oder gemeinschaftlichen Optimum führen muss.
"Wer sich im Treppenhaus in die Rolle eines gejagten Geheimdienstagenten begibt, ist plötzlich zu sportlichen Leistungen bereit."
Die Spieltheorie wird modellhaft bei sozialen Dilemmata angewandt. Mit Selbstüberlistungstechniken lassen sich individuelle Dilemmata aushebeln. Wer sich beispielsweise im Treppenhaus in die Rolle eines gejagten Geheimdienstagenten begebe, sei plötzlich zu sportlichen Leistungen bereit.