Berlin ist die Hauptstadt der Atheisten, dort spielt die Kirche keine Rolle. Könnte man meinen, ist aber falsch. Die evangelische Kirche war in der säkularen Stadt während der deutschen Teilung unglaublich wichtig. In Ost- wie auch in West-Berlin sind wichtige Impulse zwei Kirchengemeinden zu verdanken, genauer gesagt: zwei engagierten Persönlichkeiten. Eine Reise in den Kalten Krieg mit dem Historiker Hanno Hochmuth.
Kreuzberg und Friedrichshain, rechts und links der Spree gelegen, Nachbarbezirke, beide im Schatten der Mauer. Auf sehr unterschiedliche Art und Weise haben zwei Pfarrer dieser Bezirke die Geschichte ihrer Gemeinden, die der Stadt Berlin, ja sogar die gesamtdeutsche Geschichte geprägt. Sie haben die zunehmend bedeutungsloser werdende Kirche geöffnet, für die Menschen drumherum, für Marginalisierte, für Außenseiter.
In Kreuzberg war das Pfarrer Klaus Duntze. Er kam aus Süddeutschland in den abhängten Stadtteil Kreuzberg, in die Martha-Kirche in der Glogauer Straße.
"Die Kirche kommt nach der Vorstellung von Klaus Duntze in die ganz besondere Rolle eines konstruktiven Störenfrieds."
Duntze krempelte seinen Kirchenbau um, öffnete ihn für die Interessen und Veranstaltungen nicht-gläubiger Menschen und schaltete sich ein in den Kampf um Kahlschlag und Sanierung.
"Die sanierte Hinterhofkirche wurde zum Symbol für den neuen Ansatz einer alternativen Stadterneuerung."
Die "Kreuzberger Mischung"
Der Begriff "Kreuzberger Mischung" ist Klaus Duntze zu verdanken. Heute gibt es noch nicht mal einen Wikipedia-Artikel über den wirkmächtigen Pfarrer.
Bei Rainer Eppelmann ist das anders. Der Pfarrer der Samariterkirche in Berlin-Friedrichshain öffnete 1979 seine Kirche für die Blues-Messen, die er gemeinsam mit dem Jazz-Musiker Günter Holwas initiiert hat. Diese Idee wurde zur Erfolgsgeschichte: Oppositionelle, unangepaßte junge Leute kamen in Scharen. Die Samariterkirche (unser Bild oben zeigt einen Gottesdienst 1989) wurde zur "Trutzburg des friedlichen Widerstands inmitten der Hauptstadt der DDR", sagt Hochmuth.
"Aus der kirchlichen Jugendarbeit in Friedrichshain ging schließlich die wichtigste nicht-staatliche und öffentlichkeitswirksamste Großveranstaltung im Ostberlin der 1980er Jahre hervor - die Blues-Messen."
Beide Männer haben großen Einfluß gehabt, über die Grenzen ihrer Kieze hinaus. Und der Historiker Hanno Hochmuth erzählt uns in seinem Vortrag davon.
Deutsch-deutsche Erinnerung am Checkpoint Charlie
In seinem zweiten Vortrag geht es ganz direkt um die Arbeit an der deutsch-deutschen Erinnerung. Er nimmt uns mit an den Checkpoint Charlie, in Berlins Mitte. Der Checkpoint sollte ein bundesrepublikanischer, ja sogar ein internationaler Gedenkort sein, meint der Fachmann. Aus ihm geworden ist aber ein touristischer Rummelplatz, mit "Erinnerung to go".
Hanno Hochmuth ist Geschichtswissenschaftler am Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam. Seine Vorträge mit den Originaltiteln "Kirche, Kiez und Kalter. Wie sich die evangelische Kirche im Zeichen des Systemskonflikts neu erfand" und "Zwischen Panzern und Raketen. Der Checkpoint Charlie als geschichtspolitisches Schlachtfeld" hat er anläßlich des Historikertages in Münster gehalten, am 27. und 28. September 2018.
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