• Deutschlandfunk App
  • ARD Audiothek
  • Spotify
  • Apple Podcasts
  • Abonnieren

Isolation und Misshandlungen: Dafür wird das Stasi-Gefängnis Bautzen in der DDR bekannt. Seine Geschichte beginnt 1904 als Vorzeigeinstitution. Prominentester Insasse ist der Schriftsteller Walter Kempowski – in einer Zwischenphase der Anstalt.

Anfang des 20. Jahrhunderts wird im damaligen Königreich Sachsen eine neue Strafvollzugsanstalt gebaut: Im Jahr 1904 beginnt die Geschichte der Haftanstalt Bautzen. Anfangs ist das Gefängnis ein Vorzeigeobjekt – den zeitgenössischen Reformideen folgend wird Wert auf eine menschenwürdige Behandlung der Gefangenen gelegt.

Daran ändert sich auch nichts, als nach dem Ersten Weltkrieg aus dem Königreich der Freistaat Sachsen wird. Denn auch in der Weimarer Republik setzt sich die Liberalisierung des Strafvollzugs fort.

NS-Häftlinge in Bautzen

Doch mit der Übertragung der Macht an die NSDAP und Adolf Hitler wird das Rad zurückgedreht und es gibt einschneidende Veränderungen: Nun sitzen vor allem politisch Verfolgte in Bautzen ein – Kommunisten, Gewerkschafter, Sozialdemokraten oder missliebige Personen, die nicht in das ideologische Weltbild des NS-Regimes passen.

Als im Mai 1945 der Zweite Weltkrieg und die NS-Diktatur endet, übernimmt die Sowjetische Militäradministration die Haftanstalt Bautzen und bringt dort Kriegsverbrecher und ehemalige NSDAP-Mitglieder unter.

Stasi übernimmt 1950

Nun gelten – unter anderen politischen Vorzeichen – ebenfalls unmenschliche Haftbedingungen, vergleichbar mit denen in der NS-Zeit: Katastrophale hygienische Umstände, eine unzureichende medizinische Versorgung und schlechte Ernährung bestimmten nun den Alltag für bis zu 27.000 Häftlinge.

"Die Gefangenen waren von der Außenwelt praktisch abgeschnitten. Ihre Angehörigen hatten oft keine Ahnung, wo sie waren und ob sie noch lebten."
Grit Eggerichs, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin über die Haftbedingungen in der Haftanstalt Bautzen zu DDR-Zeiten

1950 übergibt die sowjetische Besatzungsmacht das Gefängnis an das DDR-Innenministerium. Bautzen fungiert bis 1989 als Sonderhaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit. Das Gefängnis wird zum Synonym für die unmenschlichen Haftbedingungen in DDR-Gefängnissen.

"Die Folgen der unmenschlichen Behandlung wirken bis heute nach – meistens traumatische Erfahrungen, psychische oder physische Misshandlungen."
Matthias von Hellfeld, Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte, über die Folgen der Stasi-Haft in Bautzen

Ihr hört in Eine Stunde History:

  • Die wissenschaftliche Leiterin der Gedenkstätte Bautzen, Silke Klewin, beschreibt, wie es hinter den Gefängnismauern von Bautzen zuging.
  • Historiker Tobias Wunschik hat sich mit dem DDR-Strafvollzug nicht nur in Bautzen beschäftigt.
  • Der Schauspieler und Synchronsprecher Jochen Stern war 1950 bei der Übergabe des Gefängnisses an das DDR-Innenministerium Häftling in Bautzen und schildert seine Erfahrungen im "Gelben Elend", wie die Haftanstalt im DDR-Volksmund hieß.
  • Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld über den Beginn der Haftanstalt Bautzen am Anfang des 20. Jahrhunderts.
  • Deutschlandfunk Nova-Reporterin Grit Eggerichs schildert die Erinnerungen des Häftlings Walter Kempowski, der die Hafterfahrungen zwischen 1948 und 1956 in seinem Roman "Ein Kapitel für sich" literarisch verarbeitet hat.
Shownotes
Stasi-Gefängnis
1950 übernimmt die DDR die Haftanstalt Bautzen
vom 14. Februar 2025
Moderation: 
Steffi Orbach
Gesprächspartner: 
Dr. Matthias von Hellfeld, Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte
  • Silke Klewin, Leiterin der Gedenkstätte Bautzen
  • Tobias Wunschik, Historiker, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Stasi-Unterlagen-Archivs im Bundesarchiv
  • Jochen Stern, Schauspieler, Synchronsprecher, Autor und ehemaliger Häftling