In der DDR war fast jedes Schulkind bei den "Jungen Pionieren", einer Massenorganisation für Kinder. Sie sollte sicher stellen, dass die Jugend im Sinne der DDR-Führung erzogen wird.
Wie in allen totalitären Systemen steckt auch in der DDR hinter der Gründung der Jungen Pioniere am 13. Dezember 1948 der Gedanke, Jugendliche zu indoktrinieren, um das politische System zu stabilisieren.
Die Führung der DDR – allen voran Walter Ulbricht – will es in allen Belangen dem "großen Bruder" in Moskau gleichtun. Dort gibt es die "Pionierorganisation Wladimir Iljitsch Lenin" für Jugendliche ab 14 Jahren. In der damaligen sowjetischen Besatzungszone, aus der am 7. Oktober 1949 die DDR hervorgeht, heißt das Pendant Junge Pioniere (JP). Ihr Motto: "Seid bereit“.
Zehn Gebote
Dieser Aufforderung folgt bei öffentlichen Anlässen der Ruf "Immer bereit". Ähnlich phrasenhaft sind auch die in den Ausweisen abgedruckten zehn Gebote der Pioniere: "Wir lieben unsere Deutsche Demokratische Republik und unsere Eltern", steht da. Es folgen Liebesbekundungen für den Frieden, die Sowjetunion und auch das Versprechen, fleißig, diszipliniert und hilfsbereit zu sein. Sie geloben daneben noch Sport zu machen und den Körper "sauber und gesund zu halten".
Die freiwillige Mitgliedschaft bei den Jungen Pionieren beginnt parallel zum Schuleintritt mit sechs Jahren. Wenn Eltern ihre Kinder nicht in den Reihen der JP sehen wollen, müssen sie aktiv die Nicht-Mitgliedschaft beantragen. Die Mitgliederquote von 98 Prozent zeigt aber, dass nur wenige diesen Schritt gegangen sind, weil damit massive Nachteile bei Schul- und Berufswahl für ihre Kinder verbunden sind.
Kontrolle der Jugend
Bevor ein Jungpionier das 10. Lebensjahr vollendet hat, warten schon die Thälmann-Pioniere auf ihn, wo er die nächsten vier Jahre verbringen kann, bevor es dann in die Freie Deutsche Jugend (FDJ) geht – die nur dem Namen nach frei ist, denn auch hierzieht eine Nicht-Teilnahme negative Konsequenzen für das weitere Leben nach sich. Damit hat der Staat jedenfalls in der Theorie ein wachsames Auge auf die Jugend. Diese Art der Kontrolle geht an den Universitäten und Werkbänken der Ausbildungsstellen weiter.
Ihr hört außerdem in Eine Stunde History:
- Deutschlandfunk-Landeskorrespondent Henry Bernhard erinnert sich an den Alltag bei den Jungen Pionieren.
- Autor Marko Martin hat den Eintritt in eine der DDR-Jugendorganisationen verweigert und berichtet über die Kehrseite des staatlich geförderten Jugendlebens.
- Politologe Christian Sachse berichtet über die Drangsalierungen in den sogenannten Jugendwerkhöfen, in denen Abweichler oder angeblich schwererziehbare Jugendliche untergebracht wurden.
- Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld blickt auf die Anfänge der DDR zurück und die Rolle der Jugendorganisationen im sozialistischen Staatsgefüge.
- Deutschlandfunk-Nova-Reporter Armin Himmelrath berichtet über die Gründung der Jungen Pioniere zehn Monate vor Gründung der DDR.