Um der großen Wohnungsnot in den Nachkriegsjahren entgegenzuwirken, plant die Regierung der DDR Plattenbausiedlungen. Damals war die Großwohnsiedlung Grünau in Leipzig eine der größten ihrer Art. Mit 36.000 Wohnungen sollte sie für 100.000 Menschen ein zu Hause werden.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs liegen die meisten deutschen Städte und Industriezentren in Schutt und Asche. Jahrelang prägen Schuttberge das Stadtbild, die ihre Einwohnerinnen und Einwohner abtragen und dabei die Steine aussortieren, die noch mal verwendet werden können.
Zunächst müssen die Bombenschäden beseitigt, die Kanalisation instandgesetzt und die Straßen wieder befahrbar gemacht werden. Währenddessen hausen die Menschen in Ruinen, die im Winter notdürftig beheizt werden und im Sommer ungeschützt der prallen Sonne ausgesetzt sind.
Die Toilette teilen sich die Mieterinnen und Mieter auf "halber Treppe" mit ihren Nachbarn. Im Winter schleppen sie die Kohle aus dem Keller bis unters Dach.
DDR: Wohnraum ist Mangelware
Während der Westen seine Lebensräume langsam wieder aufbaut und dort in den 1950er-Jahren die Wohnungsbauprogramme beginnen, liegen in der DDR viele Wohnungen, manchmal ganze Straßenzüge noch Jahre lang brach.
Als die Klagen über mangelhaften und fehlenden Wohnraum immer lauter werden und die neue DDR-Führung unter Erich Honecker ein Sozialprogramm auflegt, das die Lebenssituation der Menschen verbessern soll, stehen neue Wohnungen ganz oben auf der To-Do-Liste.
36.000 Wohnungen in einer Siedlung
Die Planungen für ein gigantisches Wohnungsbauprojekt dauern Jahre, aber am 1. Juni 1976 wird in Leipzig der Grundstein für die "Großwohnsiedlung Grünau" gelegt. Für etwas mehr als 100 Mark der DDR bekommen die Mieterinnen und Mieter eine moderne Wohnung mit Fernheizung, eigenem Bad mit Badewanne und drei bis vier Zimmer. Die Plattenbauwohnanlage wird mit viel Grünflächen, Spielplätzen, Kindertagesstätten, Einkaufsläden, Restaurants und einer Poliklinik ausgestattet.
Ihr hört außerdem in Eine Stunde History:
- Der Berliner Architekt Philipp Meuser erläutert die Vor- und Nachteile der in der DDR angewendeten Plattenbauweise.
- Thomas Topfstedt ist Kunsthistoriker, hat sich mit der Geschichte der Plattenbausiedlungen in der DDR wissenschaftlich beschäftigt und war selbst stolzer Bewohner der "Platte" in Leipzig Grünau.
- Der Historiker Udo Grashoff hat sich mit der Geschichte der Wohnbesetzungen in den Städten der DDR beschäftigt.
- Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld blickt zurück auf die Anfänge der Plattenbauweise, die man in Deutschland zuerst 1926 in Berlin-Lichtenberg im Ortsteil Friedrichsfelde bewundern konnte.
- Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Grit Eggerichs schildert die miserable Lage auf dem DDR-Wohnungsmarkt, die durch die Plattenbausiedlungen entscheidend verbessert werden konnte.