Angela Thompson wurde 1942 in Dresden geboren. 35 Jahre später lebt sie in Kalifornien. Ihre Wurzeln hat sie nie vergessen. Ihr Bedürfnis zu helfen führt sie 1977 in die DDR. Ein ziemlich riskantes Unterfangen...
Ohne die Einladung ihrer Tante aus Bischofswerder, wären Angela Thompson ihre Reisen in die DDR gar nicht möglich gewesen. Was die Tante allerdings nicht weiß: als die damals 35-Jährige im Frühsommer 1977 mit dem Mietwagen von Frankfurt am Main Richtung Leipzig fährt, verlässt sie die angegebene Route. Sie fährt von Autobahn Leipzig-West ab, um über die Grenze bei Herleshausen/Wartha zu überqueren. Sie ist auf dem Weg zu Familie Mainz.
Es war ein Artikel in der Wochenzeitung "Die Zeit", der Angela Thompson auf die Reise geschickt hat. Die junge Deutsche ist mit einem amerikanischen Major der Armee verheiratet, hat in den USA Germanistik studiert und hält sich über die Zeitung über ihre alte Heimat auf dem Laufenden. Als sie im Oktober 1976 den Artikel von Rolf Mainz liest, lässt sie die Geschichte nicht los. Rolf Mainz hatte in Leipzig als Verlagslektor gearbeitet. In seinem Artikel schreibt er über das gegen ihn verhängte Berufsverbot.
"Wer hilft den tausenden Deutschen östlich der Elbe in ihrem Kampf um Ausreiseerlaubnis oder Rehabilitation oder Aufhebung des Berufsverbot? Es können sich doch hier die Leute familienweise das Leben nehmen, weil sie wirklich verzweifelt und am Ende sind - kaum einer erfährt es."
Über den Redakteur der Zeit bekommt Angela Thompson Kontakt zu einem Bruder von Rolf Mainz, der bereits im Westen lebt. Der Bruder schreibt ihr, sie möge amerikanische Politiker um Hilfe bitten. Sein Bruder schwebe in Lebensgefahr. Und genau das macht Angela Thompson. Dabei arbeitet sie sich bis hin zu Ronald Reagan vor, der sich damals um das Präsidentenamt bewirbt.
"Er hat mich dann auch zu Hause angerufen und gesagt, er würde mein Anliegen weiter leiten und sehen, wie sie in der Sache Familie Mainz helfen können."
Dasein und Zuhören
Als Angela Thompson 1977 zur Familie Mainz fährt, kann sie gar nicht viel tun. Wenn sie früher in die DDR gereist ist, hatte sie oft Bücher dabei, politische Zeitschrifen oder Taschenrechner. Im Fall Mainz wird ihr das nicht helfen. Aber sie will der Familie zeigen, dass sie nicht alleine sind. Dass ihr Schicksal wahrgenommen wird und dass es Menschen gibt, die versuchen zu helfen.
"Meine Sicherheit war das Eine, aber die Sicherheit der Menschen, die ich besuchte, war das Andere. Das war ja an und für sich viel wichtiger, dass ich sehr aufpasse und niemanden in Schwierigkeiten bringe."
Ein Jahr nach Angela Thompsons Besuch kommen Rolf Mainz und sein Bruder frei. Wie viel Anteil sie daran hat, weiß sie nicht. Sie verliert den Kontakt, weil es noch so viele andere Fälle gibt, die ihre Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Erst im Gespräch mit DRadio Wissen Autorin Kerstin Zilms erfährt sie, dass Rolf Mainz Tochter Simone Langrock nicht mit in den Westen gegangen ist. Sie wird 1980 selbst verhaftet und zu fünf Jahren Haft im Frauenzuchthaus Hoheneck verurteilt.
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