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Bahnvorstand Ronald Pofalla will die Deutsche Bahn digitaler machen. Dafür gründet die Bahn jetzt eine Digitalgesellschaft. Gemeinsam mit der Industrie soll sie Lösungen für die Digitalisierung entwickeln.

Eine Technik-Revolution wird das Ganze eher nicht, sagt Netzreporter Michael Gessat. Eher eine Evolution. Denn die technischen Standards, mit denen die Bahn digitaler werden und eine höhere Zuverlässigkeit garantieren will, die gibt es längst. Das Problem bisher war allerdings, diese Standards auch überall zum Einsatz zu bringen. Dazu müssen das Streckennetz, aber auch die Züge um- und ausgerüstet werden. Eine Mammutaufgabe, die Milliardeninvestitionen fordert.

Um den Zugbetrieb zu digitalisieren, müssen unter anderem zwei Punkte berücksichtigt werden:

  • Zum benötigt die Bahn digitale Stellwerke , von denen aus die Signale und Weichen per Datenleitung geschaltet werden. Die sollen zuverlässiger werden als bisher und einen größeren Einzugsbereich bekommen.
  • Zum anderen braucht sie die dazu gehörende Signal- und Steuerungstechnik an den Strecken und in den Zügen. Die sorgt zum Beispiel dafür, dass Geschwindigkeiten eingehalten werden, dass ein Zug nur in einen freien Gleisabschnitt einfährt und notfalls automatisch gebremst wird.

Für diese Technik gibt es einen europäischen Standard, das "European Train Control System" (ETCS). Mit dieser Technik ist zum Beispiel die Neubaustrecke Berlin-München ausgerüstet. Die hat auch Ronald Pofalla  bei der Vorstellung der Digitalgesellschaft als leuchtendes Beispiel gewähl. PR-mäßig war das allerdings eher ein Desaster, sagt Netzreporter Michael Gessat, denn das ETCS hat am Anfang mächtig rumgezickt.

"Die von Pofalla genannte Zahl, mehr als 80% der Fernzüge seien auf dieser Strecke pünktlich, haut einen ja auch nicht wirklich vom Hocker."
Michael Gessat, Deutschlandfunk Nova Netzreporter

Investition in die Forschung

Für Bahnreisende könnte ein Ausbau der digitalen Technik auf der Strecke in Zukunft tatsächlich Vorteile bringen. Denn zumindest theoretisch könnte sich die Taktung auf den Strecken erhöhen, die Züge könnten dichter hintereinander fahren, und auch die Verzahnung mit dem Güterverkehr könnte reibungsloser laufen. Ein finanzielles Argument für die Bahn: Der digitalisierte Betrieb könnte Personal einsparen - beziehungsweise für andere Aufgaben verfügbar machen. Denn die Bahn leidet unter akutem Personalmangel. Wenn höhere Gewalt im Spiel ist, kann aber auch die Digitalisierung Verspätungen nicht verhindern.

"An Verspätungen durch außergewöhnliche Ereignisse - von Personen auf der Strecke bis zu umgefallenen Bäumen - ändert die Digitalisierung natürlich nichts."
Michael Gessat, Deutschlandfunk Nova Netzreporter

Ein weiteres Ziel der "Digitalgesellschaft" ist zudem die engere Verzahnung zwischen Bahn und Bahnindustrie. Da scheint in der Vergangenheit etwas Sand im Getriebe gewesen zu sein. Michael Gessat vermutet, dass das auch die Folge eines Lernprozesses gewesen sein könnte. Denn um individuelle Lösungen zu bieten, braucht die Bahnindustrie mehr Sicherheit bei der Zusammenarbeit. Und sie braucht Geld, um nach zukunftsfähigen Technologien zu forschen.

Laut einer Machbarkeitsstudie von McKinsey vom Herbst 2018 würde sich die Digitalisierung auch durchaus rechnen. Allerdings müsste zuvor auch ordentlich investiert werden. Der berechnete Investitionsbedarf lag laut der Studie bei 35-40 Milliarden Euro.

Mehr bei Deutschlandfunk Nova:

Shownotes
Deutsche Bahn Digitalgesellschaft
Evolution statt Revolution: DB will digitaler werden
vom 08. April 2019
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartner: 
Michael Gessat, Deutschlandfunk Nova