Ermittler von heute haben mit einer großen Menge an digitalen Daten zu kämpfen. Allein in Baden-Württemberg wurden beim Diesel-Skandal über ein Petabyte sichergestellt. Wissenschaftsjournalist Peter Welchering erklärt, wie die Beamten diese Daten analysieren und woran es hakt.
Über ein Petabyte Datenvolumen – das entspricht den Daten auf mehr als einer Million CDs. So viel hat das baden-württembergische Landeskriminalamt (LKA) im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben bei den Ermittlungen zur Abgasmanipulation bei Porsche und Daimler sichergestellt. Nun soll das Ermittlerteam verstärkt werden – unter anderem wegen der Masse an Daten, die ausgewertet werden muss.
"Im Wesentlichen fehlt es an Überblick. Das klingt blöd, ist aber genau so. Denn bei solchen Ermittlungen, da werden ja ganz verschiedene Ermittlungsmethoden benötigt."
Das Problem sei, dass der Überblick fehle, sagt Wissenschaftsjournalist Peter Welchering. Denn bei den digitalen Ermittlungen werden verschiedene Ermittlungsmethoden benötigt. Zur Auswertung könnten beispielsweise die sogenannten Graphdatenbanken gut angewendet werden. Mit ihnen sollen die Ermittler Beziehungen auswerten, Antworten auf Fragen finden wie: Wer stand wann mit wem in Verbindung zu diesem Thema? Wer hat wann was gewusst? Das Problem: Dafür fehlen in fast allen Landeskriminalämtern die Spezialisten.
Spezialisten fehlen, die sich mit verschiedenen digitalen forensischen Methoden auskennen
Spezialisten, das sind Datenanalysten oder Digitalforensiker. Deren Aufgabe, erklärt Peter Welchering, ist es zum Beispiel, herauszufinden, ob be- oder entlastende Mails echt sind. Er schätzt, dass es grob ein halbes Dutzend forensischer Analysen gibt – es müssten also verschiedene Spezialisten, die sich mit unterschiedlichen Methoden auskennen, zusammenarbeiten. Diese Organisation falle den Strafverfolgungsbehörden noch immer schwer.
"Da müssen also verschiedene Spezialisten, die sich mit ganz unterschiedlichen digitalen forensischen Methoden und Ermittlungen auskennen, zusammenarbeiten. Das zu organisieren, tun sich Strafverfolgungsbehörden immer noch schwer. Die meisten Staatsanwaltschaften faxen ja noch, statt Mail zu schicken."
Peter Welchering sagt, dass aufgrund von fehlendem Wissen und fehlenden Experten auch schon Fehler passiert sind, beispielsweise bei Prozessen zu Kinderpornografie. Verschiedene Prozesse mussten neu aufgerollt werden, denn die Bilder stammten im Nachhinein nicht von den Besitzern der Sticks, auf denen sie gefunden wurden.
Der Grund: Die Speicherchips auf den Sticks waren recycelt und wurden zuvor in Smartphones genutzt. Beim Recyceln waren die Daten nur unzureichend oder nicht gelöscht worden und wurden somit mit auf den Stick übernommen. Erkenntnisse wie diese seien sehr wichtig, die Spezialisten müssten sich ständig fortbilden, sagt Peter Welchering.
Vorgaben der Politik können ebenfalls zu Fehlern führen
Es gibt laut Peter Welchering aber noch weitere Herausforderungen: Unter anderem seien das strukturelle Probleme, oft durch die Politik verursacht. Ein Beispiel sei der sogenannte G-20-Akkreditierungsskandal, der 2017 in Hamburg stattgefunden hat. Journalisten wurde dort aufgrund von Namensverwechslungen und systematischen Fehlern die Akkreditierung für den G-20-Gipfel entzogen. Peter Welchering sagt, dass dies an den Vorgaben des Innenministeriums für die Dateiführung gelegen habe – nicht an einzelnen Ermittlern.
"Das lag an den Vorgaben für die Dateiführung aus dem Innenministerium, also an politischen Vorgaben. Das ist dann nicht die Schuld einzelner Ermittler."
Grundsätzlich mische sich die Politik an der ein oder anderen Stelle auch nachteilig ein: beispielsweise direkt auf Gesetzesebene. Hier gibt es für einige Sicherheitsdateien im Bundeskriminalamtsgesetz so gut wie keine Dokumentationspflichten, sagt Peter Welchering. Das bedeutet: Niemand wisse mehr, woher welche Daten kommen. So sei Datenmüll entstanden, der eine effektive Ermittlungsarbeit unmöglich mache.
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