Das Leben ist hart. Und unlogisch. Und anstrengend. Und überhaupt… so voll ohne echte Liebe irgendwie? Stimmt. Die Zeit ist reif für etwas britischen (!) Schmalz. In Buchform: "Ein Festtag" (Originaltitel: "Mothering Sunday") von Graham Swift.
Paul trägt nichts als seinen silbernen Siegelring. Und Jane nichts als ihr einziges Paar billige Ohrringe. Während sie sich auf dem Laken räkelt – ihre Hände hinter dem Kopf verschränkt, damit sie Paul besser beobachten kann – geht er durchs Zimmer wie ein großes Tier. Sie ist noch nie zuvor hier gewesen.
Ein Tag zur freien Verfügung...
Es ist der 30. März 1924, ein Frühlingssonntag im Süden Englands. Muttertag. Die Bediensteten der reicheren Familien in der Gegend haben frei. Auch Janes Dienstherr und dessen Frau – Mr. und Mrs. Niven – halten an dieser Tradition fest. Sie würde den Tag mit einem Buch im Garten verbringen, so ihre Idee. Die Nivens waren mit den Sheringhams und den Hobdays verabredet, im Nachbarort Henley, zum Lunch. Da klingelt das Telefon...
"Es ist Paul. Und Jane bekommt weiche Knie. Während er ihr am Hörer Ort und Zeit zugeraunt hatte, hat sie gesagt: 'Falsch verbunden, Madam'."
"Ein Festtag" heißt die Erzählung von Graham Swift, die von diesem einen Tag handelt, vom 30. März 1924. Er birgt ein Geheimnis, das niemals jemand erfahren soll, selbst Jahrzehnte später nicht, als Jane eine gefeierte Bestseller-Autorin ist und bereits so ziemlich alles aus ihrem Leben in ihren Romanen verarbeitet hat.
Ein Geheimnis
Sie, das Dienstmädchen der Nivens, und Paul, der einzige verbliebene Sohn der Sheringhams hatten fast acht Jahre lang eine Affäre. Und die war verboten. Nicht nur, weil ihre Liaison nicht standesgemäß war, sondern auch, weil Paul bereits vergeben war. In zwei Wochen würde er die Tochter der Hobdays ehelichen.
Mutig und frei
Und was macht Jane? Sie wandert durchs Haus. An ihrem freien Tag. Nackt. Sie berührt sein Waschzeug, seine Hosen, und stellt sich vor, wie er hier so lebt. Sie blättert in den Büchern in der Bibliothek und sie dreht sich vor den zahlreichen riesengroßen Spiegeln. Sie fühlt sich mutig und frei…
"Die Standuhr schlägt zwei. Und Jane weiß nicht, dass Paul bereits tot ist."
Graham Swift wurde 1949 in London geboren, wo er auch heute lebt. Seit seinem Roman "Wasserland", der mit Jeremy Irons verfilmt wurde, zählt er zu den Stars der britischen Gegenwartsliteratur. Susanne Höbel hat "Mothering Sunday" aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt. Der international gefeierte Roman ist bei dtv erschienen.