Eine Wasserknappheit in Mitteleuropa bringt die Gesellschaft ins Wanken. Die Politik ist überfordert und Polizisten überwachen Wasserrationen. Mittendrin steht Marko, der versucht, ein guter Mensch zu sein.
Marko ist einer von den Guten. Zusammen mit seinem Freund Berger versucht er als Tankwagenfahrer Menschen mit Wasser zu versorgen, denn im ganzen Land herrscht Wasserknappheit. Wer es sich leisten kann, zieht Richtung Norden. Dort ist es besser. Eines Tages sind Marko und Berger unterwegs zurück zur Zentrale, als plötzlich eine Frau vor ihrem Tankwagen stehen bleibt und sie zur Vollbremsung zwingt.
Marko ist auch durstig - aber nicht nach Wasser
Gerade noch rechtzeitig bleiben sie stehen. Und erschrecken. Die Frau sieht fürchterlich aus: Wie eine Tote, in Lumpen gewickelt, mit schlaffen Brüsten und Erde an den Beinen. Immer wieder ruft sie verzweifelt und flehend nach Wasser.
Der Wassertankwagen ist zwar fast leer, aber selbst die letzten Reste dürfte Marko der durstigen Frau nicht geben. Das ist die Vorschrift. Trotzdem hat er Mitleid und steigt aus - versucht, die Frau dazu zu bewegen, wegzugehen.
"Die Frau lässt sich nicht vertreiben. Sie hält inne, zückt ein Messer, grinst... und ritzt sich die Arme auf."
Auf seinen Hilfstouren durch ganz Europa hat Marko schon viel gesehen. Aber dass sich jemand vor seinen Augen die Pulsadern aufschneidet, das ist neu. Hätte er sich erweichen lassen und der Frau Wasser geben sollen? Hätte er Nehir, seine Frau, aufhalten sollen, als sie ihm sagte, dass sie weggeht? Hätte er Norbert, seinen alkoholkranken Bruder, eher zu sich holen sollen?
Beinahe zu spät erkennt Marko, dass er selbst auch durstig ist. Nicht nur nach Wasser, oder Anerkennung für seine guten Taten, sondern nach Leben. Die Frage ist: Was hätte ihm gut getan?
"Ein guter Mensch" von Jürgen Bauer ist im Septime Verlag erschienen. 219 Seiten, gebundene Ausgabe, 22 Euro.