Die eine kennt nur langweilige Sachen, die andere fühlt sich wie eine Superheldin. Ausgerechnet der Hallodri mit einer schlecht laufenden Kaffeebar gibt den beiden Halt.
"Das ganze Leben da draußen" von Nina Sahm beschreibt das Innere von Elín, einer Schülerin von Alfa. Lediglich der Unterricht verbindet die beiden Frauen, die eine fast 17, die andere fast 30 Jahre alt. Bis Fin in Elíns Leben auftaucht, der Bruder von Alfa.
Ausgerechnet der Hallodri gibt beiden Halt. Fin kann mit Mitte 20 wenig vorweisen. Geradeso hält er eine Kneipe in einem Vorort von Reykjavík am Laufen. Er hat sie von einem Freund übernommen, obwohl er sich in diesem Business gar nicht auskennt. Am liebsten würde er den ganzen Tag Kaffee kochen und die Menschen dabei beobachten, wenn sie seinen Kaffee trinken.
Unverwundbar - wie eine Superheldin
Zufällig stolpert Elín, Alfas Schülerin, in Fins Kneipe. Und zufällig verknallt sie sich in ihn. Ausgerechnet sie, die in ihrem Zimmer in einem Zelt schläft und immer einen Survivalrucksack dabei hat, für das Überleben in der isländischen Wildnis. Gebraucht hat sie ihn noch nie.
Allein ihn zu besitzen, gibt ihr das Gefühl, unabhängig und unverwundbar zu sein, wie eine Superheldin, verbunden mit der Hoffnung, bald alles hinter sich lassen zu können: die Schule, die Idioten in ihrer Klasse, die Kontrolle durch ihre Eltern, die Stadt, im Grunde die ganze Zivilisation.
Alles, was sie macht, ist ohne Leidenschaft
Auch Alfa ist in ihren Gedanken eine Superheldin. Aber nur da. Enttäuscht muss sie feststellen, dass sie ein ziemlich langweiliges Leben führt. Alles, was Alfa macht, macht sie regelmäßig und ohne Leidenschaft. Weil es geht. Weil sie das alles schon so lange macht. Schwimmen. Unterrichten. Essen. Schlafen.
Allein die Zeit mit ihrem geliebten Großvater war aufregend. In seinem Jeep sind sie jedes Wochenende durch die Gegend gefahren, der Opa und seine kleine Enkelin, haben Lakritz gegessen und laut zu ehrlicher Rockmusik gegrölt. Als die Großmutter noch lebte, durfte sie nicht wissen, dass sie immer zu schnell fuhren. Und auch nicht, dass sich Magnús unterwegs mit Männern getroffen hat, die er nicht hätte treffen dürfen.
Tot im Keller
Nur langsam begreift Alfa, dass diese ominöse geheime Nachricht mehr ist als der wirre Satz eines Mannes, dessen Erinnerungen sich allmählich in Vergessen auflösten. Alfa hatte das komplette Haus zerlegt, um sie zu finden. Das passte zu Magnús.
Sie fand sie schließlich im Kopfkissenbezug des Gästebetts, in dem Alfa bis zuletzt geschlafen hatte. Bis zu dem Tag, an dem sie ihren und Fins Großvater im Keller gefunden hatte - in seinen Lieblingssachen, mit Boxhandschuhen an den Händen, baumelnd an der Decke.