Dänemark ist einerseits bekannt für hygge – andererseits aber auch für seine harte Zuwanderungspolitik. Die sozialdemokratische Regierung will nun ein neues Gesetz beschließen, das dafür sorgen soll, dass überhaupt keine Flüchtlinge mehr ins Land kommen.
Seit Jahren verschärft die dänische Regierung die Einwanderungsgesetze des Landes: Vor kurzem wurde beschlossen, dass Wohngebiete in spätestens zehn Jahren nur noch 30 Prozent Bewohner nicht-westlicher Herkunft haben sollen. Dänemark war auch das erste europäische Land, das Teile Syriens als sicher eingestuft hat, damit Flüchtlinge wieder dorthin abgeschoben werden können.
Abweisung an der Grenze
Die neueste Idee: Das kleine skandinavische Land möchte nun gar keine Flüchtlinge mehr ins Land lassen. Dafür wird heute aller Voraussicht nach ein Gesetz beschlossen, das es Dänemark erlaubt, die Menschen direkt an der Grenze abzuweisen und in ein Drittland außerhalb der EU zu schicken. Dort soll dann über den Asylantrag entschieden werden.
Die Zeitung Jyllands Posten schreibt, dass es wohl bereits Gespräche mit Ruanda, Ägypten, Äthiopien und Tunesien gegeben habe. Insgesamt soll Dänemark mit etwa zehn Ländern in Verhandlung stehen. Das ist aber nicht offiziell bestätigt, sagt Sofie Donges, unsere Korrespondentin für Skandinavien.
"Die Idee ist, dass das Partnerland außerhalb der EU dann künftig für Dänemark den Asylprozess übernimmt."
Das Partnerland außerhalb der EU soll dann künftig auch für Dänemark den Asylprozess übernehmen – also die Anträge bearbeiten und den Menschen gegebenenfalls auch Schutz gewähren, erklärt Sofie Donges.
"Mehr Gerechtigkeit für die EU und für die Flüchtlinge"
Die Regierung begründet den harten Kurs, indem sie sagt, das neue Gesetz würde für mehr Gerechtigkeit sorgen – einerseits für Dänemark und die Europäische Union, andererseits aber auch für die Flüchtlinge. Genau so hat es Mattias Tesfaye (unser Bild oben) formuliert, der seit Juni 2019 dänischer Minister für Ausländer- und Integrationsangelegenheiten ist.
"Wir möchten, dass in Dänemark und in der EU keine massiven Ressourcen mehr für die Bearbeitung der Anträge von hunderttausenden Asylbewerbern verwendet werden, obwohl die Hälfte davon keine Flüchtlinge sind."
In Dänemark und der EU würden "massive Ressourcen" verwendet, um hunderttausende Asylanträge zu bearbeiten. Dabei seien die Hälfte der Antragstellenden gar keine Flüchtlinge. Gleichzeitig gebe es Millionen Menschen, die kein Geld haben für einen Menschenschmuggler nach Europa. Diese würden ohne die notwendige Hilfe in den Nachbargebieten der Konflikte zurückgelassen, so Mattias Tesfaye.
Die dänische Regierung sagt: Durch die Auslagerung der Asylprozesse könnten auch die Flüchtlinge Hilfe bekommen, die sich die teure Reise nach Europa nicht leisten können. Kritiker halten dagegen, dass das gar nicht stimmen könnte – denn man müsse für einen Asylantrag ja trotzdem erst mal an die dänische Grenze kommen und könne den nicht einfach irgendwo stellen, so Sofie Donges.
Dänen stehen hinter der Regierung
In der "deutschen Perspektive" auf die Sozialdemokratie kommt der Kurs der sozialdemokratischen Regierung Dänemarks sehr hart rüber. Doch die Dänen sehen das anders, erklärt unsere Korrespondentin. Dort stehen die meisten Menschen hinter diesem Kurs.
"Das ist eine sehr deutsche Perspektive auf die Sozialdemokratie. Die Dänen sehen das ein bisschen anders. Sie stehen – über die Parteigrenzen hinweg – hinter diesem Kurs."
Schon die bürgerliche Koalition vor den Sozialdemokraten hatte massive Veränderungen an der Zuwanderungspolitik vorgenommen, so Sofie Donges. Und das Modell, den Asylprozess in ein Drittland auszulagern, hatte die jetzige Regierungschefin Mette Frederiksen bereits vor drei Jahren vorgestellt und war damit in den Wahlkampf gezogen.
Aus dänischer Sicht sei Frederiksen eine typische Sozialdemokratin, sowohl was die Sozialpolitik als auch den harten Kurs in der Ausländerpolitik betrifft. Die Partei begründe ihren Kurs damit, den Wohlfahrtsstaat zu Hause schützen zu wollen.
Kritik von der EU-Kommission
Die Regierung sagt, sie würde sich im Rahmen aller internationaler Abkommen bewegen. Ob das Ganze mit EU-Recht vereinbar ist, sei schwer zu beantworten, weil viele Details noch nicht bekannt seien, so unsere Korrespondentin.
Ein Migrationsexperte der Uni Kopenhagen habe ihr gesagt, er glaube nicht, dass es nach der erwarteten Zustimmung des Parlaments zu einer sehr schnellen Umsetzung kommt. Es gibt nämlich schon erste Kritik von der Europäischen Kommission und auch vom UN-Flüchtlingshilfswerk.