Zwischen ihrer türkischen Familie und der kroatischen ihres Verlobten gibt es Unterschiede. Ja und? Meltem respektiert sie. Was interkulturelle Beziehungen zusammenhalten kann, erklärt Paartherapeutin Ghazaleh Bailey.
Meltem ist in einer türkischstämmigen Familie aufgewachsen, die Familie ihres Verlobten Luca ist kroatischstämmig. Seit sechs Jahren sind die beiden ein Paar. "Er ist auf jeden Fall quasi weniger kroatisch geprägt, als ich türkisch geprägt bin", sagt sie.
An Lucas ersten Besuch in ihrer Familie erinnert sich Meltem gut. Es war ein großer Familiengeburtstag, ihre Oma habe sich total in Luca verliebt. Es war wohl eine Überforderung für ihn, sagt Meltem heute, weil Luca diese überschwängliche Herzlichkeit auf die Weise nicht kannte.
"Mein Verlobter kam das erste Mal zu uns nach Hause. Da war ein großer Geburtstag. Und die haben ihn aufgenommen und sofort wie ein Sohn behandelt. Es war für ihn vollkommen überfordernd."
Umgekehrt hatte Meltem bis dahin nichts mit der kroatischen Community zu tun.
Arbeit als Ideal
"Das sind Menschen der Tat. Da muss nicht unbedingt groß drumherumgeredet werden", erzählt sie. Arbeit und gute Arbeitsergebnisse haben in Lucas Familie einen besonderen Stellenwert.
"Bei ihm ist es vielleicht dieses: Wir arbeiten immer. Die Arbeit ist was, was sehr wichtig ist."
Sie hätten beide etwas vom kulturellen Hintergrund des anderen, sagt Meltem und nennt ein Beispiel. Während sie selbst versucht, die offene Ehrlichkeit der kroatischen Community zu leben, lasse Luca nun manchmal leichter Emotionen zu.
Veränderung und das Lernen vom Anderen gehören für Meltem zur gemeinsamen Beziehung. Sie vergleicht ihre Verbindung bildhaft mit einem Diamanten, der mit der Zeit geschliffen wird.
Ein Fundament für Beziehungen
Ghazaleh Bailey hat beruflich viel mit interkulturellen Paarbeziehungen zu tun. Diese brauchen ein Fundament aus Neugierde, Offenheit, Interesse und Wertschätzung der anderen Kultur und der anderen Religion, ist die Paartherapeutin überzeugt. Sie übt mit Paaren, die zu ihr kommen, erstmal den Dialog. Das Ziel: Die jeweilige Partnerin, der jeweilige Partner, solle sich gehört fühlen.
"Offenheit muss erst mal als Fundament da sein, sich auch für die andere Kultur und für die andere Religion zu interessieren."
Eine zwischenkulturelle Beziehung versteht Ghazaleh Bailey als Möglichkeit, eine emotional tiefe kulturelle Reise anzutreten, in der man einen Einblick in eine Kultur bekommt, die sich bei einer normalen Reise durch ein Land oder in eine Kultur nie ergeben könnte.
"Das hängt ganz stark von der Religion und von der Kultur ab. Und wie weit es aufeinander clasht."
Klassische Konflikte sind ihrer Erfahrung nach beispielsweise unterschiedliche Werte zum Thema Familie, zum Thema Kind, zur Partnerschaft und zum Zusammenleben. Eine mögliche Streitfrage sei auch, wie weit der Einfluss der jeweiligen Eltern auf die Beziehung und Entscheidungen in der Beziehung reichen soll.
Meltem und Luca unterscheiden sich übrigens auch in ihrem Glauben. "Ich bin tatsächlich weitaus religiöser. Ich bin auf jeden Fall gläubig und praktiziere den Islam intensiver als er das Christentum", sagt Meltem. Nichts, was die Beziehung beeinflussen könnte, findet sie. Nur eine weitere Facette des Diamanten.
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- Meltem erzählt, wie es ist, dass sie türkische Wurzeln hat und ihr Freund kroatische.
- Paartherapeutin Ghazaleh Bailey darüber, ob unterschiedliche Kulturen wirklich clashen müssen.