Zweiter Weltkrieg – Nazizeit: Homosexualität, Transgender und jede Form von Andersartigkeit wurden abgelehnt und verfolgt. Um so erstaunlicher sind die Fotos von Wehrmachtssoldaten in Frauenwäsche, Hochzeitskleidern oder Röcken. Der Künstler Martin Dammann hat sie gesammelt und veröffentlicht.
Das Fotobuch "Soldier Studies. Crossdressing in der Wehrmacht", erschienen im Hatje Cantz Verlag, zeigt Soldaten im Zweiten Weltkrieg, die bei unterschiedlichen Gelegenheiten Frauenkleidung angezogen und mit ihren Kameraden interagiert haben.
Der Soldat mit Büstenhalter und kurzem Unterrock, der verträumt mit einem Sommerhut vor einer Hakenkreuz-Flagge posiert, ist für den Künstler Martin Dammann bezeichnend. Dieses Foto wurde regelrecht mit Hintergrund und selbstgezimmerter Bretterbühne inszeniert. Ob das Foto eine Provokation darstellen soll, bezweifelt der Künstler. Das wäre eine Interpretation aus unserer heutigen Sicht. Vermutlich hatte der Soldat andere Beweggründe, die sich heute nicht mehr rekonstruieren lassen.
Harte Soldaten als Crossdresser
Die Fotos sind allesamt Amateuraufnahmen. Oft sind sie auch zufällig entstanden. Je näher die die Soldaten an der Front waren, desto simpler wurde die Inszenierung, erzählt Martin Damman. Er sammelt für das Londoner Archive of Modern Conflict weltweit private Kriegsfotos. Dabei ist er auch auf die Fotos der Crossdresser in der Wehrmacht gestoßen und hat angefangen, sie zu sammeln.
"Es zeigt die Soldaten von einer ganz anderen Seite, als wir es gewohnt sind."
Die Fotos sind überraschend und fordern unsere Denkmuster über die Soldaten heraus. Männer, die als hart, sittenstreng und überaus mannhaft zu gelten hatten, geben sich weiblich und ziehen Büstenhalter an, die sie ausstopfen. Dieses Verhalten ist nicht allein für Wehrmachtssoldaten typisch. Auch in anderen Armeen und zu den verschiedensten Zeiten haben Soldaten mit den weiblichen Attributen gespielt.
Deutsche Soldaten verkleiden sich gerne als Frauen
Ungewöhnlich ist, dass Martin Dammann im Verhältnis mehr Crossdressing-Fotos unter deutschen Wehrmachtssoldaten als unter Soldaten anderer Nationen gefunden hat. Der Künstler vermutet, dass dies mit der Karnevalstradition in Deutschland zusammenhängt, in der es üblich ist, dass sich Männer als Frauen verkleiden.
"Sehnsüchte nach Zuhause, Geborgenheit, vielleicht auch nicht mehr Soldat zu sein für einen Augenblick, vielleicht sogar nicht einmal mehr ein Mann zu sein."
Ein anderer Faktor könnte die weite Entfernung von der Heimat und die lange Zeit der Abwesenheit bei den deutschen Soldaten eine Rolle gespielt haben, vermutet der Künstler. Heimweh und Sehnsucht könnten Grund gewesen sein, sich als Frauen verkleidet ein wenig Zuhause und Geborgenheit in den Krieg zu holen.
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