Weltweit Platz 55 bei der Pandemiebekämpfung? So sortiert eine Visualisierung von Corona-Daten Deutschland ein. Der Index leiste sich allerdings einige Schwächen, findet der Wissenschaftsjournalist Volkart Wildermuth.
Auf dem Covid Performance Index erreicht Deutschland Platz 55 von 100 Nationen und ist demnach knapp in die untere Hälfte des Indexes gerutscht. Mit seiner Datenvisualisierung möchte das australische Lowy Instiute die Wirksamkeit staatlicher Maßnahmen zum Infektionsschutz statistisch sortierbar machen.
Grundsätzlich kann das Institut mit Daten umgehen, sagt Volkart Wildermuth, vom Nutzen und der Aussagekraft des Rankings ist er aber nicht überzeugt. Dafür fehle es an Klarheit, wie diese so exakt wirkende Punktwertungen zustande komme, findet der Wissenschaftsjournalist. Grundsätzlich enthielten Statistiken allein oft nicht die ganze Wahrheit über die Epidemie.
"Solche Rankings helfen nicht wirklich. Deutschland erhält 45,8 Punkte, Spitzenreiter Neuseeland 94,4, Schlusslicht Brasilien 4,3. So lange nicht klar ist, was diese Punkte messen, ist die Aussagekraft begrenzt."
Genau genommen handele es sich bei dem Covid Performance Index eher um eine Form der Datenvisualisierung, nicht um eine wissenschaftliche Studie.
Daten zur ersten Covid-Welle
Das Lowy Institut hat sich für den Index in 100 Ländern den Verlauf der Epidemie über 36 Wochen angesehen, ab dem jeweils hundertsten Sars-CoV-2 –Fall, erklärt Volkart Wildermuth. In Deutschland was das die Zeit vom 27.01.2020 bis Anfang Oktober 2020. Die zweite Welle der Covid-19-Infektionen ist für den Index nicht berücksichtigt.
Ausgewertet worden sind unter anderem die folgenden Daten: Ansteckungen, Tests insgesamt, positive Testungen und Todesfälle, jeweils in absoluten Zahlen und relativ zur Bevölkerung. Seine Methodik legt das Lowy Insitut hier offen, die Gewichtung der einzelnen Datensätze bleibt allerdings ein Geheimnis.
"Diese Daten sind durch den statistischen Mixer gedreht worden und heraus kam dieses Ranking. Leider ist nicht transparent, wie das alles gewichtet wurde."
Trotzdem lassen sich auch Informationen aus dem Index ziehen. Die Ergebnisse ihrer Auswertung hat das Lowy Institut mit bestimmten Charakteristiken der Länder verbunden und sie in Gruppen zusammengefasst. Demnach starten wohlhabendere Länder im Durchschnitt etwas schlechter, bekommen die Epidemie dann aber in den Griff. Danach lassen sie in den Anstrengungen nach.
Deswegen, so Volkart Wildermuth, ist es fast zwangsläufig zu einer zweiten Welle gekommen. Die Entwicklung in wirtschaftlich schwächeren Länder sei deutlich konstanter.
Die Pandemie-Entwicklung hängt mit Wohlstand, Größe und Staatsform von Ländern zusammen
Ärmere Länder, in denen klar war, dass eine Antwort auf Sars-CoV-2 mit den Mitteln der Intensivmedizin schwierig sein würde, hätten sehr schnell Lockdowns und Ausgangssperren beschlossen und so Infektionen lange Zeit erfolgreich verhindern können, erklärt Volkart Wildermuth. Die Bevölkerung in den ärmeren Ländern ist auch tendenziell jünger, ergänzt er, und im Durchschnitt weniger schwer an Covid-19 erkrankt.
"Bei Sars-CoV-2 kommt es nicht wirklich auf High-Tech-Medizin an. Intensivstationen sind wichtig. Noch wichtiger ist, dass die Leute sich erst gar nicht anstecken."
Dem Index zufolge hatten Demokratien in der Anfangsphase der Pandemie das Nachsehen. Nach etwa acht Wochen hatten sie anscheinend jedoch diesen Rückstand aufgeholt und erreicht, dass ihre Bevölkerungen am Infektionsschutz effektiv teilnehmen.
"Besonders schlecht schneiden Pseudodemokratien wie die Ukraine oder Bolivien ab. Die können weder so strikte Maßnahmen durchsetzen noch Vertrauen aufbauen."
Der Covid Performance Index zeigt, dass kleine Länder mit der Pandemie deutlich besser zurechtkommen als große. Australien bilde hier wegen seiner geringen Bevölkerungsdichte eine Ausnahme, erklärt der Wissenschaftsjournalist.
"Mit rund 25 Millionen Einwohnern ist Australien die Ausnahme. Es zählt zur Gruppe der großen, aber die Leute verteilen sich eben über eine sehr große Fläche. Im Grunde gibt es nur wenig Kontakt zwischen den Bundesstaaten."