Vor wenigen Tagen gab es auf der griechischen Insel Lesbos den ersten bestätigten Fall einer Coronavirus-Infektion. Marie von Manteuffel arbeitet für den Verein "Ärzte ohne Grenzen". Sie bestätigt die Sorge vieler Mediziner, dass das Virus auf das Lager Moria übergreifen könnte, wo die Situation ohnehin bereits seit Monaten angespannt ist.
Vor wenigen Tagen wurde der erste Fall auf Lesbos bestätigt – eine Griechin, die 40 Kilometer vom Lager Moria entfernt wohnt, hat sich mit dem neuartigen Coronavirus infiziert. Die Sorge, dass Menschen, die im Lager leben, sich mit dem Virus anstecken könnten, ist groß. Vor allem die Frage, wie der Virus eingedämmt werden kann, wenn er einmal im Lager angekommen ist, besorgt die Ärzte des Vereins.
"Natürlich haben wir große Sorge, dass der Virus auch in das Lager Moria kommen wird."
Bereits gestern (12.03.2020) gab es zwei Verdachtsfälle dafür, dass sich Geflüchtete aus dem Lager mit dem Coronavirus infiziert haben sollten. Die wurden allerdings nicht bestätigt (Stand 13.03.2020) sagt, Marie von Manteuffel.
Zustand im Lager seit Monaten kritisch
Nur der kleinste Teil des Lagers wird offiziell geführt, sagt die Migrationsexpertin. Damit meint sie, dass es beispielsweise auch eine Eingangskontrolle gebe. Auf dem Rest des Geländes lebten die Menschen unorganisiert, in kleine Behelfsbauten aus Sommerzelten.
Vorsichtsmaßen, die zurzeit empfohlen werden, wie beispielsweise die Hände regelmäßig mit Seife zu waschen und Abstand zu anderen Leuten zu halten, das sei schon in den vergangenen Monaten nicht möglich gewesen, weil das Lager auch mit den notwendigsten Dingen kaum ausgestattet ist und zu viele Menschen auf einem kleinen Gebiet leben müssen.
"Die Menschen dort sind zusammengepfercht, in der Kälte, mit viel zu wenig Wasser, viel zu wenig schlechtem Essen – natürlich auch mit entsprechend geschwächten Immunsystemen – das wird wirklich alles eine große Katastrophe werden."
Im Lager Moria leben etwas über 20.000 Menschen. Bislang gab es drei Ärzte, die für die öffentliche Gesundheitsversorgung im Lager gesorgt haben. Was bisher nicht ausgereicht hat, wäre im Fall, dass sich Menschen aus dem Lager mit dem Coronavirus infizieren, "eine absolute Katastrophe", sagt Marie von Manteuffel.
Auf den griechischen Inseln sei die Gesundheitsversorgung generell nicht besonders gut, sagt die Migrationsexpertin. Der Verein betreibt eine Kinderklinik in der direkten Umgebung des Lagers Moria. Die Mediziner des Vereins wollen die ärztliche Versorgung in dieser Klinik solange wie möglich aufrechterhalten, sagt Marie von Manteuffel. Allerdings können die Ärzte hier auch keine intensivmedizinische Versorgung für schwer Erkrankte leisten.
Dringende erwartet: Notfallplan von der griechischen Regierung
Der Verein "Ärzte ohne Grenzen" erwartet von der griechischen Regierung, dass sie einen Notfallplan erstellt. Mit diesem Plan solle vor allem die Prävention, der Schutz, und die gesundheitliche Aufklärung der Bevölkerung geregelt werden, sagt Marie von Manteuffel. Sie sagt, dass das letztendlich genau das sei, was in Deutschland auch gerade passiere.
Darüber hinaus müsse eine frühe Diagnose möglich sein, Quarantänemöglichkeiten müssten geschaffen werden und die Leute dürften nicht länger auf engstem Raum zusammenleben. Außerdem sei es auch wichtig, Behandlungsmöglichkeiten zu schaffen, sagt Marie von Manteuffel.
"Wenn das alles nicht geht, dann würden wir, Ärzte ohne Grenzen, dringend um Evakuierung dieser Camps bitten, weil man nicht darauf warten darf, dass diese Menschen von außen mit dem Virus in Kontakt kommen, sondern die müssen jetzt geschützt werden."
Falls die griechische Regierung nicht für die notwendige gesundheitliche Versorgung, Aufklärung und die Schaffung von Behandlungsmöglichkeiten sorgen könne, dürfe man nicht darauf warten, dass die Menschen, die im Camp leben, sich bei Infizierten anstecken, die außerhalb des Camps leben. In diesem Fall fordert der Verein "Ärzte ohne Grenzen", dass die im Camp lebenden Menschen, sobald wie möglich evakuiert werden, um sie zu schützen.