Was könnte der Wirtschaft helfen, um nach den durch Corona bedingten Einbußen wieder auf die Beine zu kommen? Diese Frage beschäftigt gerade viele Politiker. Wir haben mit Eva Keldenich (CDU) und Kevin Kühnert (SPD) darüber gesprochen.
In der CDU gab es kurzzeitig den Vorschlag, den Mindestlohn zu senken. Kevin Kühnert, der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende, hat daraufhin getwittert: "Das werden wir natürlich nicht tun."
Kevin Kühnert sagt, dieser Vorschlag habe ihn ziemlich aufgeregt: "Das fand ich schon eine relativ freche Angelegenheit. Wir haben jetzt zwei Monate Klatschen vom Balkon hinter uns, wo für die sogenannten systemrelevanten Berufe Anerkennung ausgesprochen wurde. Und dann kommen jetzt einige um die Ecke und sagen, die Quittung soll sein, dass zehn Millionen Geringverdienerinnen und Geringverdiener am Ende mit noch weniger Geld nach Hause gehen. Das ist einfach eine Respektlosigkeit."
Kevin Kühnert findet, dass ein Senken des Mindestlohns auch ökonomisch nicht zielführend sei. Viele Menschen, die im Niedriglohnsektor arbeiten, würden so wenig verdienen, dass der Staat ihre Einkommen aufstocken müsse – etwa in Form von Wohngeld oder anderen Sozialleistungen. Außerdem würde dadurch an anderen Enden gespart, sagt der SPD-Bundes-Vize. Das seien auch fehlende Einnahmen für die Sozialkassen in Deutschland.
Unterstützung für die, die das Geld schnell wieder ausgeben
Eine Idee der SPD sei es eher kleinere und mittlere Einkommen zu unterstützen und Geld zuzuspielen, "weil das diejenigen sind, die das Geld auch sofort in Umlauf bringen. Und das wollen wir ja, dass die Wirtschaft angekurbelt wird."
Keldenich: Grundeinkommen ist der falsche Weg
Eva Keldenich, Geschäftsführerin der Jungen Gruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sagt: "Wenn ich mir wirklich wünschen darf, wünsche ich mir natürlich, dass wir alle in möglichst sicheren Jobs leben können – mit Perspektive." Sie hofft darauf, dass die Krise auch eine Chance sein kann und Deutschland am Ende vielleicht sogar besser da steht als wir uns das jetzt gerade vorstellen können. Ein Grundeinkommen hält sie jedoch für den falschen Weg.
"Ein Grundeinkommen gibt es hoffentlich nicht. Das halte ich auch nicht für das richtige Rezept."
Eva Keldenich weiß: Steuersenkungen sind teuer. Und da gerade eh viel Geld in die Hand genommen werden müsse, seien Steuersenkungen im großen Maßstab ihrer Meinung nach nicht das richtige Instrument. In manchen Bereichen mache es aber durchaus Sinn, Steuern zu reduzieren, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Etwa so, wie es bereits in der Gastronomie geschehen ist: "Indem wir gesagt haben, wir führen hier eine auf ein Jahr befristete, gesenkte Mehrwertsteuer ein, um einer Branche, die ja auch sehr stark von der Corona-Krise betroffen war, wieder auf die Beine zu helfen."
Ihrer Meinung nach könne es durchaus ein Mittel sein, um der Wirtschaft in den kommenden Wochen und Monaten gezielt auch an anderen Stellen zu helfen.
Tarifverträge als Ausgleich für staatliche Unterstützung
Kevin Kühnert wünscht sich Konjunkturpakete für einen ökologisch nachhaltigen Umbau der Wirtschaft, damit die Industrie auch in Zukunft konkurrenzfähig bleibe. "Wir wollen aber auch, dass die Unternehmen, die jetzt staatliche Hilfe in Anspruch nehmen, sich beispielsweise verpflichten, dafür auch stärker Sozialstandards einzuführen, also zum Beispiel in die Tarifbindung zurückzukehren." Im Moment arbeite nur jeder zweite Arbeitnehmer in Deutschland unter dem Schutz eines Tarifvertrages. "Das war mal deutlich mehr", so Kevin Kühnert. Gerade jetzt in der Krise zeige es sich, dass ein Tarifvertrag für Beschäftigte mehr Absicherung bedeute.
Anstelle einer Senkung des Mindestlohns sieht Kevin Kühnert eher in der Erhöhung ein sinnvolles Mittel: "Wir haben uns ja schon vor einiger Zeit für eine Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro ausgesprochen, damit wir Diskussionen wie über die Grundrente in Zukunft nicht mehr führen müssen. Denn wer zwölf Euro oder mehr in der Stunde verdient, hat dann auch kein Problem mehr mit Altersarmut später."
Die CDU-Politikerin Eva Keldenich stimmt Kevin Kühnert in dieser Hinsicht zu: Der Vorschlag von einigen Wirtschaftspolitikern aus der CDU sei eine "Schnapsidee" gewesen. Wichtig seien Antworten auf die Frage: "Wie kommt jetzt die Wirtschaft in Gang? Das auch die Menschen im Land wieder Geld in der Tasche haben, womit wir auch die Konjunktur wieder ankurbeln." In diesem Punkt sind sich Keldenich und Kühnert einig.
"Im Idealfall ist es natürlich so, dass wir unsere Wirtschaft und den Arbeitsmarkt so gut durch die Krise kriegen, dass gar nicht so wahnsinnig große Kosten entstehen."
Kevin Kühnert sagt, ein Aspekt, der in Deutschland gerade hoffen lasse, dass die Krise nicht ganz so tiefe Löcher reiße, liege darin, dass die Zinslast zurzeit sehr niedrig sei. Bund, Länder, Städte und Gemeinden würden zusammen nur etwa 1,3 Prozent ihrer jährlichen Einnahmen zur Tilgung von Zinsen ausgeben. "Das ist so wenig wie selten zuvor. Das heißt, sich im Moment zu verschulden, ist kein so großes Problem, sondern eigentlich eher eine Investition in die Zukunft." Beim Thema Verschuldung sind sich die beiden Politiker hingegen nicht einig. Eva Keldenich gibt zu bedenken, dass die Schulden die junge Generation belasten.
"Also ich würde da widersprechen. Natürlich dürfen wir uns da auch nichts vormachen, dass es am Ende die junge Generation sein wird, die die Zeche zahlen muss."
Kevin Kühnert kritisiert ganz deutlich, dass sich in Deutschland grundsätzlich etwas an der Verteilung von Vermögen ändern müsse: "Wir sehen ja ganz aktuell, beispielsweise am Beispiel BMW, wo ein Drittel der Beschäftigten in Kurzarbeit ist, also Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, und gleichzeitig 1,6 Milliarden Dividende an die Anteilseigner ausgezahlt werden, dass es da manche mit so einem Gefühl von Gerechtigkeit nicht so weit herhaben."
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