Wenn Benaissa auf der Bühne Gags macht, geht es dabei oft auch um seine Herkunft, um Klischees und um seine eigenen schmerzhaften Erfahrungen mit Diskriminierung. Für seinen Humor gibt es aber auch Grenzen, sagt er im Interview. Genauso wie für Integration.

Ja, Humor kann auch mal wehtun. Diese Erfahrung hat auch Benaissa Lamroubal gemacht, der als Comedian auch – nicht nur – seine Herkunft, die Herkunft anderer und damit vor allem Klischees auf die Schippe nimmt. Oft kommen da mal Beschwerden, verrät er, weil Leute sich auf den Schlips getreten fühlen. Damit musst du als Comedian aber leben, findet er – vor allem, wenn man Gags über Gruppen macht.

"Wenn du Humor auf der Bühne präsentierst, musst du damit auch rechnen. Das gefällt nicht jedem. Da sind vereinzelt Leute, die das auf die Goldwaage legen."

Das heißt aber nicht, dass Benaissa für Lacher alles in Kauf nimmt. Auch, wenn man Witze über sich selbst mache – wenn ein Deutscher sich etwa selbst als "Kartoffel" bezeichnet: Dann entscheide er für die anderen seiner Gruppe sozusagen mit, dass es okay ist, das so zu sagen, findet er. Dass das nicht immer gut ankommt, hat er, der in Marokko geboren wurde und auch über Marokkaner Witze macht, selbst erfahren.

Mit der Zeit habe er gelernt, dass es für seine Jokes auch Grenzen gibt, verrät er. Zum Beispiel habe er irgendwann entschieden, sich und andere Marokkaner in seinem Programm nicht mehr als "Berber" zu bezeichnen, sondern als "Masiren", wie es richtig heiße. Denn: "Berber" ist eine Fremdbezeichnung, erklärt Benaissa, die von dem Wort "Barbaren" abgeleitet ist und eine negative Konnotation und koloniale Geschichte hat. Das sei ihm selbst früher nicht bewusst gewesen.

Humor hat auch Grenzen

Auch Religionsthemen zum Beispiel sieht er mittlerweile als schwierig an, genauso wie bestimmte weitere abwertende Wörter. Das seien Dinge, die er in seinem Programm nach und nach abgebaut habe, weil sie eben auch Folgen hätten – Enttäuschung zum Beispiel. Er als Comedian – anders vielleicht als manche seiner Kollegen oder Kolleginnen – will die Leute in erster Linie zum Lachen bringen, sagt er. Er verurteile allerdings nicht, wenn andere Comedians das anders handhaben. Jeder müsse für sich seine Grenzen und die seines Publikums ausmachen.

"Im Kern ist das alles Schmerz."
Benaissa Lamroubal, Comedian

Die Dinge, mit denen Benaissa Lamroubal die Menschen zum Lachen bringt, sind oft Dinge, die ihm in seinem Leben selbst einmal weh getan haben, sagt der Comedian – etwa Diskriminierung oder das Gefühl, sich nicht zugehörig und akzeptiert zu fühlen. Zu dem Zeitpunkt konnte er nicht darüber lachen, das brauchte Zeit und Reflektion. Aber mit Humor kann dann auch ein Gag daraus entstehen, so Benaissa. Die Menschen lachen halt lieber über deinen Schmerz als über ihren eigenen, sagt er – und meint das gar nicht vorwurfsvoll. Sie wüssten ja schließlich auch, dass es dem Mann da auf der Bühne jetzt gut geht.

"Es gibt nicht mehr dieses 'Integriere dich in dieses System', das irgendwer irgendwann mal erfunden hat. Es ist einfach zu durchmischt. Man kann gar nicht mehr sagen: Der ist Migrant und der ist deutsch."
Benaissa Lamroubal, Comedian

Damit solcher Schmerz, wie er und andere ihn erfahren haben und noch erfahren, aufhört, brauche es ganz viel Austausch, glaubt der Comedian. Er findet allerdings, dass wir da in Deutschland auf einem guten Weg sind, auch wenn viel verpasst worden sei.

"Deutsch sein" neu definieren

In einer heterogenen Gesellschaft müsse neu definiert werden, was "Deutsch sein" überhaupt heißt: "Ich weiß nicht, wie man deutsch wird", sagt Benaissa, "Ich habe mein ganzes Leben versucht, das herauszufinden." Die meisten Deutschen wüssten das auch selbst nicht so genau, ergänzt er.

"Klischees und Nationalitäten – das dient mir nur, um daraus Gags zu machen. Für was anderes ist das für mich nicht zu gebrauchen."
Benaissa Lamroubal, Comedian

Im Interview mit Christoph Sterz verrät Benaissa außerdem, was ihn zum "Moslem light" macht, was man mit Humor vermitteln kann (und was nicht) und was Integration eigentlich bedeutet. Klickt auf Play für das ganze Gespräch.

Shownotes
Humor mit Migrationshintergrund
Comedian Benaissa Lamroubal: "Im Kern ist das alles Schmerz"
vom 28. Februar 2021
Moderator: 
Christoph Sterz
Gesprächspartner: 
Benaissa Lamroubai, Comedian