In einigen chinesischen Fabriken ist ein System zur "Emotionalen Überwachung" im Einsatz. Es beobachtet Anzeichen für negative Gedanken der Mitarbeiter per Sensoren - direkt an ihren Köpfen.
Es klingt wie der Plot eines George-Orwell-Romans, ist aber Realität im China des Jahres 2018:
- In Mützen, Uniformhüte oder Helme von Arbeitern werden Sensoren eingebaut.
- Diese Sensoren übertragen die Gehirnwellen der Arbeiter an einen Computer.
- Eine Software analysiert kontinuierlich die Gehirnwellen der Arbeiter.
- Sie überprüft Anzeichen für Stress, Angst und Depressionen.
"Das System wurde von chinesischen Forschern mit Regierungsgeldern entwickelt."
Wie die South China Morning Post (SCMP) berichtet, ist die Idee hinter dem System, "die Moral der Arbeiter zu stärken, bevor emotionaler Stress ein Problem auslöst und nicht erst danach."
Emotionale Überwachung per EEG
Die MIT Technology Review schreibt, das Ganze funktioniere vermutlich wie eine Elektroenzephalogramm, kurzr EEG. Das wird zum Beispiel auf Intensivstationen genutzt, um Patienten zu überwachen. Neurologen nutzen es auch, um sich einen Eindruck von Hirnaktivitäten zu machen. Die Technologie ist also an sich nicht neu und überall auf der Welt im Einsatz.
Wie die SCMP schreibt, werde sie in China allerdings mittlerweile in einem "nie dagewesenen Ausmaß" in Fabriken, im öffentlichen Nahverkehr und in staatlichen Betrieben eingesetzt. Damit soll die Wettbewerbsfähigkeit und die "soziale Stabilität" der Menschen erhöht werden, um etwa eine Selbstmordserie unter gestressten Arbeitern zu vermeiden.
"Soziale Stabilität" erhöhen
Manche Firmen nutzen die Sensoren "nur" für Simulationen in der Virtuellen Realität – um etwa neue Arbeitsabläufe auf ihre Stressfaktoren zu prüfen. Bei anderen Firmen sind die Sensoren schon im Dauereinsatz:
- Die Firma Hangzhou Zhongheng Electric nutzt das System für alle Fließbandarbeiter.
- Auch die State Grid Zhejiang Electric Power in der Zhejiang Provinz nutzt das System flächendeckend.
- Ebenso ist die Technik bei einigen Teile des chinesischen Militärs im Einsatz.
"Die Forscher, die das System entwickelt haben, glauben, dass das eine Riesen-Errungenschaft in punkto Arbeitssicherheit ist."
Die Ningbo University ist eines der Hauptforschungszentren des Projekts. "Wenn das System eine Warnung ausspuckt", so Professor Jin Jia in der SCMP, "dann bittet der Manager den Arbeiter einen Tag Pause zu machen oder zu einem weniger anspruchsvollen Job zu wechseln. Manche Jobs erfordern ein hohes Maß an Konzentration, da gibt es keinen Raum für Fehler!"
Begrenzte Funktionalität
Die MIT Technologie Review hält die Möglichkeiten des Überwachungssystems für begrenzt. Ein EEG, das über Hautkontakt aufgezeichnet wird, sei sehr limitiert darin, was genau es feststellen könne. Die genaue Beziehung zwischen EEG-Signalen und menschlichen Emotionen sei bis heute unklar.
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